Hin und wieder werde ich hier für Euch eine Geschichte, ein Gedicht oder ein Märchen veröffentlichen. 

Ich wünsche Euch viel Freude beim Lesen, aber bitte beachtet und respektiert das Copyright !

 

 

 

wenn das Kalt das Grau und das Welten-Ach überzieht, 

wenn Väterchen Frost seine Pudelmütze anzieht, 

wenn Frau Holle langsam aus ihrem Sommerschlaf erwacht,

wenn die Sonne golden ihre Sonnenfinger weit über die Matten, streichelnd sacht bewegt

wenn du lieber einen Tee, als einen eiswürfelbesetzten Cocktail schlürfst

wenn du am Morgen schneller in den Hausschuhen stehst als in der Küche..

dann wird es WINTER . . . . . 

30.11.2020

 

 

So... hier könnt ihr nun das kleine Büchlein "SONNENKINDER" mal anlesen... viel Spass

SONNENKINDER von Heidi Wallmeier, eine Geschichte die dich im Wachen träumen lässt...

 

 

TEIL 1: 

 

Die Freude auf dieser Welt leben und atmen zu können, schien Mina in die Wiege gelegt bekommen zu haben.

Schon bei ihrer Geburt war alles Anders. 

Als sie nach nur gerade Mal einer Stunde Geburtswehen auf diese Welt purzelte schrie sie nicht wie dies normalerweise aller Säuglinge machten, nein, Mina lachte.

Die Hebamme und der anwesende Arzt mussten vor lauter Überraschung mitlachen, denn wie sie sagten, hätten so etwas noch nie erlebt. 

Als ihr Vater Bosse sie das erste Mal sah, zauberte sie ihm unwillkürlich ein Lächeln ins Gesicht.

Später sagte er ihr einmal, dass er wirklich geglaubt habe, dass er das erste Mal in seinem Leben einem kleinen Waldtroll begegnet sei, als er sie so frisch und neu gesehen habe. 

Sie hatte ungewöhnlich lange, widerspenstige rotblonde Haare, die widerborstig nach allen Seiten abstanden. Grüne ungewöhnlich grosse Augen und eine kleine Knubbelnase, die sich zwischen den roten Pausbäckchen sichtlich wohl fühlte.

Ihre kleinen Hände hatten kräftige kurze Finger, ebenso, wie ihre Füsse klein und lustig aussahen mit den runden Zehen.

 

Mina war ungewöhnlich. Sie konnte nur durch ihr Erscheinen die Menschen zum Lächeln bringen.

Sie marschierte schon mit 11 Monaten auf kräftigen kurzen Beinchen hinaus in ihre Welt.

Entdeckte mit strahlenden Augen die Natur auf dem Hof ihrer Eltern und konnte sich stundenlang mitten in der Wiese liegend beschäftigen.

Als Mina 3 Jahre alt war wurde ihr kleiner Bruder Paule geboren. Er war ganz anders. Still, schwarzhaarig und kaum lächelnd. Er war sonderbar. Das sagte sogar der Grossvater, der häufig zu Besuch auf dem Hof war.

 

Als Mina zur Schule kam, waren ihre widerborstigen Haare inzwischen bis zum Po gewachsen und Mama flocht Zöpfe, um sie ein wenig unter Kontrolle zu bringen.

Paule hatte schwarze dünne Haare. Er lachte wenig und seine kleinen blauen Augen wollten einfach nicht leuchten. Mina wusste, dass ihre Eltern sich grosse Sorgen um den Kleinen machten. 

Er war schwächlich und sprach noch kaum und laufen wollte er wenig und wenn, dann sehr unsicher.

 

Mina war in der Schule gerne gesehen, wie überall verbreitete sie gute Laune und mit ihren Spässen erhellte sie den Tag. Dabei wusste sie aber immer wann es besser war zu schweigen oder sich im Hintergrund zu halten.

Inzwischen war sie 9 Jahre alt und Paule war gerade letzte Woche 6 Jahre alt geworden. Mama war mit ihm von einem Arzt zum andern gelaufen, aber niemand wusste was mit dem Jungen wirklich los war.

Er war nach wie vor still und sprach nicht viel, er sass oft stundenlang im Zimmer und schaute aus dem Fenster. Er war ein nettes, wohlerzogenes Kind. Er ging in die erste Klasse und verstand alles. Er machte seine Hausaufgaben, aber er war anders. 

Anders .. anders als Mina es war. 

Als Mina heute aus der Schule nach Hause kam stand ein Auto im Hof, das sie noch nie gesehen hatte.

Es war ein Kastenwagen, der noch einen Anhänger hinten dran hatte.

Mama, Papa und Paule standen um den Wagen herum.

„Schön, bist du da Mina, schau mal was wir haben,“ dabei öffnete Paps den Anhänger und der fremde Mann führte zwei wunderschöne Pferde heraus. 

Minas Augen wurden so gross wie Apfelsinen. Es waren Island Ponys. Das eine war mausgrau mit einer weissen Mähne und das andere falbfarben mit schwarzen Socken und schwarzer Mähne, das sah lustig aus.

„ Das sind Lola und Bolle, Lola, die falbfarbene Lady ist für dich Mina und Bolle, der Herr mit der wunderschönen Mähne für Dich Paule. Wir dachten, es wird Zeit, dass ihr eine Aufgabe nur für Euch hier auf dem Hof bekommt,“ Mama lächelte über das ganze Gesicht.

Sehr selten war Mina sprachlos, heute war sie es und es liefen ihr ganz ohne ihr Zutun Tränen über die Wangen. Sie nahm ihre Lola in Empfang und strich ihr sanft über die dunklen Nüstern.

Schon so lange hatte sie sich ein Pony gewünscht. Viele ihrer Freundinnen hier auf der Insel hatten ihre eigenen Pferde. Reiten konnten sie alle, das war fast schon angeboren.

Paule stand wie angewurzelt vor Bolle. Vorsichtig hob er seine rechte Hand und stupste mit dem Zeigefinger auf die Nase des Pferdchens. Und dann geschah ein Wunder. Paule begann übers ganze Gesicht zu strahlen. Noch nie hatte seine Familie ihn so lächeln sehen. Fast glich er ein wenig seiner Schwester.

„Es war richtig“, Paps flüsterte die Worte voller Glück seiner Frau ins Ohr, diese nickte mit dem Kopf und Glücktränen kullerten über ihre Wangen.

Beide Kinder führten ihre Ponys auf die Weide und Mina hatte das Gefühl, das ab heute etwas ganz Besonderes mit ihr und ihrem Bruder geschehen würde.


 

Sonnenkinder 1 / 2

 

Voller Freude begannen die beiden Kinder ihre Ponys kennenzulernen. Reiten lernten sie von ihrer Mama, die selbst ihr ganzes Leben auf dem Rücken von Pferden zugebracht hatte. Ihr Vater hatte eine grosse Ponyfarm weit draussen auf der Insel. Leider gab es den Grossvater und somit die Farm nicht mehr.

Er war gestorben als Mina 3 Jahre alt war. Erst hatten ihre Mutter und ihr Vater überlegt die Farm zu übernehmen, aber da sie so weit weg von Schulen und menschlichem Leben war, entschieden sie sich dagegen.

Die ersten Tage waren noch ungewohnt für Ponys und Kinder. Aber schon sehr bald wurde alles zu einer wunderbaren Routine. 

Mina konnte es gar nicht erwarten nach den Schulaufgaben in den Stall oder auf die Weide laufen zu können. Paule ebenso.

Er hatte sich vom ersten Tag an nach und nach verändert. Keiner wusste warum, die Ärzte staunten und alle Anderen freuten sich einfach zu sehen wie glücklich der kleine Paule war und wieviel Freude ihm sein Bolle machte. Er sauste schon am Morgen, noch bevor er Zähne geputzt hatte, in den Stall um ihm „Guten Morgen“ zu wünschen, am Mittag bevor er ins Haus kam besuchte er ihn und den Nachmittag verbrachte er draussen, gemeinsam mit Bolle, Mina und Lola. 

Auch die Geschwister kamen sich näher und heckten Streiche aus, kicherten und machten Spass.

Paule begann plötzlich auch zu wachsen. Bisher war er immer der Kleinste und Zarteste seiner Klasse  gewesen, doch das änderte sich stetig. Auch seine Haare wurden anders. Er bekam Locken und nicht nur 2 oder 3, sein ganzer Kopf war voll davon und diese Locken waren widerspenstig, fast so wie die langen Haare von Mina.

Die Geschwister wuchsen immer mehr zusammen. Im Aussehen des Äusseren ebenso wie sich die inneren Werte der Beiden immer mehr anglichen. Niemand konnte sich die seltsame Wandlung des kleinen Paule erklären und irgendwann war einfach ein „normales“ intelligentes und nettes Kind. 

Etwa ein Jahr nachdem die Beiden ihre Ponys begrüsst hatten waren Mina und ihr Bruder zwei zusammengewachsene Geschwister, die fast täglich stundenlang mit ihren Ponys im Wald am Meer und auf den Wiesen unterwegs waren. Selten waren andere Kinder mit den Beiden. Sie hatten genug mit und an sich selbst. 

An einem wunderschönen Frühlingstag waren sie zusammen im Hinterland der Insel unterwegs. Wasserfälle und unendliche Matten mit graugrünem, ledernen Gras, das immer wieder von kleinen und grösseren Felsen durchbrochen wurde machte jeden Ausritt zu einem Abenteuer.

Aber an diesem Nachmittag sollten sie in das grösste Abenteuer ihres Leben schlitterten.


 

Sonnenkinder 2/2

 

„Machen wir eine Pause“, Paule rutschte von seinem Pony und liess sich neben einem klaren Bach ins Moos plumpsen. Mina sprang von Lola und beide lagen nun auf dem Rücken nebeneinander und schauten in den wunderblauen Himmel.

Sie waren schon fast 2 Stunden unterwegs gewesen und beide genossen es in dem weichen Moos zu liegen, dem glucksenden und erzählenden Bach zu lauschen. Die Ponys freuten sich über ihre gewonnene Freiheit und grasten friedlich.

Die Sonne schien das erste Mal wärmer und streichelte die beiden Kinder zärtlich. „Es ist schön mit Dir hier zu sein Paule, weisst du ich bin sehr gern deine Schwester“, Mina hatte ihm das noch nie gesagt und sie dachte jetzt wäre der richtige Zeitpunkt. Paule drehte sich lächelnd zu ihr um: „ Ja, finde ich auch es ist sehr schön das wir gemeinsam hier sind und weisst du, seid die Ponys hier sind macht das Leben richtig Spass.“

„Was ist eigentlich mit dir geschehen, als die Ponys zu uns kamen, Paule? Du warst auf einmal komplett anders, kannst du sagen was da geschehen ist ?“

Paule setzte sich im Schneidersitz vor seine Schwester hin und blickte sie sehr ernst und tief in die Augen.

„Ich weiss nicht ob ich dir das sagen kann, ob du mich ernst nimmst, oder ob du denkst, das ich dich veralbere….“ „ Ich werde dir glauben, versprochen!“ Mina setzte sich ebenfalls mit gekreuzten Beinen vor ihren Bruder. „ Also, was ist passiert?“

„Weisst du Mina, ich bin ein wenig anders…ich hatte vom ersten Moment meines Lebens das Gefühl, das ich irgendwie anders bin.“ „Vom ersten Moment? Das geht doch gar nicht, du warst ein Baby?!“ „Siehst du ich sagte ja, dass du mir nicht glauben wirst.“ Paule blickte traurig zu Boden.

„Ohh, entschuldige Paule, stimmt, hab ich gesagt, ja ich werde dir weiter zuhören. Erzähle, ich werde dir glauben, ich verspreche es dir.“

Paule atmete tief ein und begann erneut zu erzählen. „OK, am Anfang verstand ich nicht so richtig warum ich mich fehl am Platz fühlte, aber schon bald wusste ich warum. Ich hörte nicht nur Mam, Paps und Dich sprechen, da waren soviele andere Geräusche und da hat soviel anderes gesprochen, es war wie eine Flut von Wörtern, weisst du, alles hat erzählt, gesprochen und irgendwann wusste ich, das ich das hörte nur ich. Nicht Du, nicht Mam und nicht Paps. Verstehst du was ich meine?“

Mina sass vor ihrem Bruder und kapierte nichts. Es tat ihr leid und sie schüttelte ihren Kopf. „Siehst du, ich hab es gewusst“, enttäuscht senkte Paule den Kopf.

„Erklär mir es, ich möchte es verstehen“, Mina strich ihm über den Arm.

„Alles spricht Mina, die Bäume, die Pflanzen, der Bach, die Tiere…. einfach alles und ich kann es verstehen, ich weiss was unsere Ponys sich gegenseitig erzählen, ich weiss was der Wind für ein Lied singt, wenn er ums Haus oder durch die Bäume streicht, Alles spricht“. 

Minas Augen waren gross wie Wagenräder. „Was, willst du damit sagen, dass du die Sprache allen Seins verstehst?, so wie es die Elfen und Feen tun, die Trolle und Gnome?, so wie es unsere Grossmutter konnte? Das ist ja grossartig Paule, das ist ein wunderbares Geschenk, du bist etwas ganz Besonderes Paule, weisst du das?“ 

„Na ja, so toll ist das auch nicht, es ist manchmal ein wenig viel, wenn alles spricht und du keine Ruhe bekommst und du nicht weisst was oder wer gerade etwas von dir will. Als die Ponys zu uns kamen, hab ich gewusst, dass Alles anders wird, denn Lola und Bolle sind nicht einfach Ponys, sie sind zu uns geschickt worden, denn wir haben eine Aufgabe Mina, das haben die Beiden mir erzählt. Sie haben mir gelernt die verschiedenen Sprachen zu filtern und damit umzugehen. Inzwischen ist es kein Problem mehr für mich und ich komme sehr gut damit zurecht.“ 

Mina hatte ihrem Bruder mit grossen Augen gelauscht. Sie wusste nicht warum, aber sie beugte sich nach vorne und nahm ihren kleinen Bruder in die Arme. Das machte sie sonst nie, war ja eigentlich peinlich, aber noch nie hatte sie sich so verbunden mit ihm gefühlt.

Sie hatten eine Aufgabe gemeinsam. Noch hatte Paule nicht erzählt welche, aber sie wusste, dass es wohl sehr wichtig sein würde.

Er legte sich zurück ins Moos, die Arme unter dem Kopf, blickte er in den Himmel. „ Wir sind beide zu einem Teil Elfenkinder Mina, du weisst es nur noch nicht.“

 

 

Sonnenkinder 2 / 3

 

Mina sass mit einem Schlag aufrecht im Moos. „Du machst Witze!“ Ihre Augen waren so gross wie Apfelsinen und ihre Wangen rot wie Tomaten.

„Nein, mache ich nicht.“ Paule sah ihr pfeilgerade in die Augen. „Woher her um Himmelswillen weisst du das?“ „Ich weiss es von unserem Grossvater, er hat es mir gesagt.“ Da musste Mina lauthals lachen. „Du spinnst Paule, unser Grossvater ist schon lange tot und du hast ihn gar nicht kennengelernt.“ Sie lachte und lachte und doch wusste sie, das Paule sie nicht anschwindelte, denn ihr Bruder sah ihr todernst ins Gesicht.

„Unser Grossvater war ein Elf, der als Bote in unsere Welt geschickt wurde, da die Menschen nicht mehr an Elfen glaubten und somit die Natur nicht mehr ehrten und achteten. Grossvater hat mit mir fast täglich Kontakt. Ich weiss wo er jetzt zu Hause ist.“ Mina starrte ihren kleinen Bruder an. Meinte er das jetzt wirklich ernst? Oder wollte er sie auf`s Glatteis führen? Er erschien ihr plötzlich gar nicht mehr so klein und unscheinbar. Er war plötzlich irgendwie fast wie ein grosser und blitzgescheiter Bruder. 

Als Mina ihn so anstarrte hatte sie plötzlich das Gefühl ihn völlig anders zu sehen.

Seine blauen Augen wurden grün und seine schwarzen Haare standen von seinem Kopf. Unter diesem Haarwirrwarr spitzten zwei hellgrüne spitze Ohren hervor. Von einer Sekunde auf die Andere war das Bild weg. Mina war verwirrt und doch wusste sie was sie eben gesehen hatte, einen Elfen, ihren Bruder das was er wirklich war.

Sie flüsterte vorsichtig:“ Paule, sehe ich auch manchmal anders aus, wenn du mich anblickst?“

Paule grinste:“ Du siehst fast immer „anders“ aus. Du bist die spitzbübischte Elfe die man je gesehen hat, aber auch die Hübscheste.“ Dabei lächelte er liebevoll. 

„Komm Mina, ich zeige Dir wo Grossvater zu finden ist.“ 

Beide Kinder sprangen auf ihre Ponys und ritten in eine Gegend die Mina nicht kannte. Immer weiter ins Nirgendwo..

Es wurde schon dämmrig, als sie so weit weg von Dorf und Stadt waren, dass man wirklich nur noch die Geräusche der Natur und der Stille wahrnahm.

Am Horizont erkannte man einen kleinen Wald. Er lag golden im Abendlicht. Es war ein wunderschönes Bild. Mina spürte, dass die Ponys den Weg kannten, ohne ihr Zutun marschierten sie wacker dem Wäldchen entgegen. Das Mädchen hatte plötzlich ein seltsames Gefühl ums Herz, es war als würde sie nach langer Zeit nach Hause kommen. Irgendwie glaubte sie schon einmal hier gewesen zu sein.

Der Wald öffnete seine Arme und nahm die Kinder liebevoll auf.

Die Bäume warfen lange weiche Schatten und das warme, goldene Licht spielte Fangen mit dem zarten flüsternden Wind in den Bäumen. 

Bolle begann zu traben und wieherte erfreut und lustig, es war ihm anzumerken, dass er glücklich war hier zu sein.

Von irgendwoher hörte man mehrere Ponys freudig antworten.

Es ging immer tiefer in den kleinen Wald. Eben, klein. Mina verstand nicht, das sie nicht schon lange wieder draussen waren. Von ausserhalb hatte es ausgesehen, als stünden da nur 10 oder 20 Bäume…. und nun ritten sie schon mindestens 1 Stunde immer tiefer hinein. 

Seltsam war dabei, dass sie zwar immer weiter hineinritten, aber das goldene Licht immer stärker wurde.

Als Mina nach ihren gedanklichen Träumereinen endlich mal wieder zu ihrem Bruder sah, erschrak sie. 

Er war nun wirklich ein „Anderer“. Er war ein Elf.

Erschrocken blickte sie an sich herab und ihre Augen, die wie sie nicht wusste grün leuchteten wurden gross und grösser.

Sie sah aus wie ihr Bruder. Zart und ihre Kleidung war fein und in hellen und dunklen Grüntönen. Es sah aus als wäre sie in einen Schleier aus Spinnweben gekleidet. 

Ihre Haare und ihre Gesicht konnte sie nicht sehen, aber ihr Gesicht war elfengleich zart und ihre Haut fast durchsichtig, lustige Sommersprossen waren das einzige was sie auch in der Menschenwelt hatte. Ihre rotblonden Haare waren geflochten und wie ein Kunstwerk. Feine Locken umspielten ihr wunderschönes Gesicht, das in der Abendsonne fast Golden wirkte. Sie war eine Elfe.

 

 

Sonnenkinder 3 / 3

 

Die Ponys begannen zu laufen, sie wieherten voller Freude. Am Ende jagten sie über eine wunderbare Wiese in lindem Grün, Blumen aller Farben und Arten schmückten sie und ein wundersamer Duft lag in der Luft. Gemeinsam zwischen hunderten von Ponys sah Mina immer wieder goldene Einhörner aufblitzen und sie glaubte zu träumen.

Plötzlich standen alle Ponys still. Inmitten eines goldenen Lichtstrahls erschien ein erwachsener Elf.

Paule stieg von seinem Pony und schritt auf den Elfen zu. Die Arme des in Gold „getauchten“ Wesens öffneten sich und Paul sank hinein.

Es war ein Bild tiefer Verbundenheit und Liebe. „Ich habe sie mitgebracht“, Paule lächelte in Minas Richtung und winkte sie zu sich. Inzwischen waren viele Naturwesen sichtbar. Sie säumten den Weg, den Mina durchschritt. Sie flüsterten und berührten sie neugierig mit langen, feingliedrigen Fingern. Das Mädchen schritt wie im Traum durch die wundersame Gasse.

Dann stand sie vor dem Elf, der sie tief beeindruckte.

Mina hob den Kopf und blickte in sanfte braungrüne Augen und dann wusste sie es, vor ihr stand ihr Grossvater. Er öffnete seine Arme und Mina versank in einer Woge aus Liebe und Zuneigung. Beide standen lange und Mina nahm nicht wahr was im Aussen geschah.

Als sie ihre Augen öffnete hatte sich ein Kreis um sie und ihren Bruder gebildet. Lichtvolles Glück breitete sich in einem Elfenreigen um sie. Feen, Devas, Elfen lustige kleine Waldtrolle und ihr nicht bekannte Wesenheiten tanzten und flogen um sie herum. Ein feiner glockengleicher Klang gemischt mit hauchzartem wundersamem Gesang erfüllte ihr Herz und malte ihre Seele wunderbunt.

Grossvater nahm seine beiden Enkelkinder an die Hand und gemeinsam durchschritten sie ein lichtdurchflutetes, grünumwachsenes Tunnel. 

Und plötzlich herrschte nur noch Stille.

Dann standen sie in einem unvorstellbar wundergleichem Raum. Er war gross. Die Wände sahen aus wie die Rinde eines unglaublich alten Baumes. Der Boden auf dem sie standen war weich und glitzerte wie von Millionen Sternen. Es gab kein Ende in der Höhe, keine Zimmerdecke es war das Gefühl von Unendlichkeit, wenn sie nach oben blickte, irgendwo ganz weit oben, glitzerte es grün und gold…ganz sanft und leise.

„Das ist der Raum der Liebe und des Friedens, hier ist mein zu Hause, herzlich Willkommen, hier werdet ihr wohnen bis Euer Auftrag erfüllt ist.“ 

Hinter einem goldenen Flies verborgen waren zwei wunderbare Betten. Sie waren eingewoben mit einem feinen Schleier gold-grün. Es sah aus wie ein Kokon wie das Nest eines Vogels, denn die Schlafhöhlen hingen aus dem Nichts im Raum und schaukelten sanft hin und her. Hunderte Glühwürmchen schienen drum herum zu fliegen, tausend Lichtpunkte tanzten in den unendlichen Himmeln über dem Raum, der eigentlich keiner war.

Paule und Mina waren auf einmal todmüde. Sie krochen in ihre „Nester“ und schliefen auf der Stelle ein.

 

Sonnenkinder 3/4

 

Kichern und Gewisper, ein Kitzeln an den Ohren und ein Ziehen an den Haaren waren schuldig, das Mina aus einem tiefen, tiefen wunderbar erholsamen Schlaf erwachte. 

Erst wusste sie nicht wo sie überhaupt war.

Als sie ihre Augen dann öffnete umflogen sie eine Unzahl Feen. Sie musste lachen, sprang aus dem Kokon auf den weichen und glitzernden Boden.

Paule sass schon mit gekreuzten Beinen neben dem Grossvater auf einem Moos Mandala in allen erdenklichen Grüntönen, und Beide labten sich an einem reichlichen und vielfältigen Frühstück.

Da gab es Beeren und Blätter, Kräuter und Vieles was Mina noch nie gesehen hatte. Aber Alles war in bunten leuchtenden Farben. Viele kleine Wesenheiten waren anwesend und gossen Blütennektar und reines glitzerndes Quellwasser in die kleinen Blütenkelchbecher.

Der Grossvater strich Mina sanft übers Haar und begrüsste sie lächelnd. „Du hast gut geschlafen, das sehe ich an deinen wunderbar leuchtenden Augen, komm setz dich zu uns, ich muss mit Euch beiden reden.“

Der alte Elf schien sehr ernst und schaute beiden Kindern tief in die Augen.

„Ihr seid die allerletzte Hoffnung für unsere Welt. Die Menschen glauben nicht mehr an eine Anderswelt. Sie zerstören unser Umfeld ohne zu wissen, dass sie damit ihre Lebensgrundlage zerstören. Ich habe zu menschlichen Lebenszeiten getan was ich konnte, leider war es zu wenig. Nun müsst ihr die Welt aufwecken.

Ihr müsst den Menschen die Augen öffnen.“ „Aber wie sollen wir das schaffen? Die Menschen hören doch nicht zu. Sie sehen doch gar nicht was sie zerstören.“ Mina schien verzweifelt und hoffnungslos.

„Wir sind nur Kinder, man wird uns gar nicht wahrnehmen, sie werden uns auslachen und sich lustig machen über uns“, Paule blickte traurig zu Boden.

„Wir werden euch von hier aus unterstützen, es werden Dinge geschehen, die ihnen die Augen öffnen müssen. Es werden Unwetter über die Erde ziehen wie niemals zuvor. Es wird schneien, wenn es eigentlich nicht möglich ist, es wird heiss sein, wenn es kalt sein sollte. Es werden Vögel vom Himmel fallen. Es werden Bienen sterben… viele… Die Menschen müssen erwachen! Ihr müsst dann erklären, die richtigen Menschen finden, die euch helfen und unterstützen. Ihr müsst aus einer kleinen Flamme einen Flächenbrand entfachen, der sich über die ganze Erde zieht. Erst dann wird die Einstellung der Menschen sich verändern.“

Die beiden Kinder schauten sich an. Beide waren ratlos. Beide wussten, das diese Zeit schon längst begonnen hatte und beide wussten das sie gar keine andere Wahl hatten. Denn sie waren selbst zur Hälfte „Andersweltige“, würde ihre Welt zerstört, dann würden sie auch ihre Lebensgrundlage verlieren.

 

 

Sonnenkinder 4/1

 

Die nächsten Tagen waren ein Eintauchen in eine unglaubliche Welt. Alles war neu und doch nicht. Es erschien Mina so, als würde ein Buch aufgeschlagen und man erinnerte sich an das Geschriebene plötzlich wieder. 

Paule lernte mit seiner Magie umzugehen. Er war ein grossartiger Zauberer, nur wusste er das noch nicht und konnte seine geschenkten Kräften noch nicht wirklich verstehen.

Mina besass das alte Wissen der Druiden, Seher und Heiler, doch auch sie musste er erfahren und erkennen wie sie zu diesem durchdringen konnte und wie und wann sie es einsetzten durfte. 

Für die beiden Kinder eröffneten sich völlig neue Welten. Ihre Lehrer waren Elfen, Feen und Wesenheiten die sie nicht benennen konnten. Jedoch alles liebevolle Wesen, die mit Liebe, Respekt und grosser Geduld mit den Beiden lernten, lachten und lebten.

Paule und Mia erschien es als wären sie schon Jahre von zu Hause fort, als ihr Grossvater sie zu sich rief und ihnen mitteilte, dass es Zeit wäre zurück zu kehren und mit ihrer Aufgabe zu beginnen.

So schliefen sie noch einmal in den wunderbaren Kokonbetten, um dann am kommenden Morgen sehr früh still und leise, verabschiedet in einem Lichtermeer von leuchtenden Elfenlaternen, auf ihre Ponys zu steigen, ihren Grossvater noch einmal zu umarmen, um sich dann auf den Rückweg zu machen.

 

Beide Kinder waren sehr traurig. Sie wussten welch eine grosse schwierige Aufgabe ihnen bevor stand. Obwohl sie wussten, dass sie von der Anderswelt grosse Unterstützung erhalten würden hatten Beide Angst, Angst zu versagen. Ihr Grossvater war nicht mehr an ihrer Seite. Nun mussten sie selbständig alle gelernten Dinge abrufen, überlegt reagieren und immer ihr Ziel im Auge behalten.

 

Das Ankommen in der elterlichen Welt war äusserst seltsam. 

Die Eltern reagierten so, als wären die beiden Kinder pünktlich und ohne Verspätung von ihrem Ausritt zurück gekehrt.

„Habt ihr die Ponys versorgt und auf die Weide gebracht, Euch umgezogen und Hände gewaschen?“ Mama empfing sie mit einem Lächeln.

Paule schaute leicht verwirrt zu seiner Schwester, die jedoch nickte mit dem Kopf und fragte ein wenig stotternd wann es denn das Abendessen geben würde.

„Ihr könnt schon den Tisch decken, Papa kommt auch gleich“, Mama hatte die beiden wohl wirklich nicht vermisst.

Obwohl das Alles wirklich sehr seltsam war, fragten Paul und Mina nicht nach. Sie waren sehr müde und gingen früh zu Bett, was die Eltern sehr sorgsam fragen liess, ob es ihnen nicht gut ginge?

„Nein, nein, alles ist gut. Wir waren nur ein bisschen zu lange auf den Ponys, deshalb sind wir sehr müde“, Mina schob ihren Bruder vor sich her in ihr Zimmer.

„Kann ich heute bei dir schlafen, Mina ? Ich fühl mich irgendwie alleine, wenn ich in meinem Zimmer schlafen muss.“ Mina war richtig froh, das ihr Bruder zu ihr ins Zimmer zog. Und so schliefen die Beiden wohl das erste Mal ohne Streit nebeneinander in dem Bett von Mina ein.

 

 

Sonnenkinder 4 / 2

 

Die Zeit die nun folgte war so, als würden die beiden Kinder in zwei Welten leben. 

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich daran gewöhnt hatten damit umzugehen. Regelmässig in den Vollmondnächten lernten sie von ihrer in die Anderswelt zu gleiten, um dort mit dem Grossvater und allen liebgewonnenen Freunden zu lachen, zu erzählen und weiter zu lernen. Jedesmal war es so als wären sie ein ganzes Jahr dort in der anderen Welt und doch waren es wohl nur Momente oder Stunden?

Ohne es zu wissen wirkten sie auf ihre weltlichen Menschen, wie Paps und Mama, Lehrer und Freunde so, als hätten sie sich sehr verändert.

Der Lehrer von Paule rief immer wieder im Haus der Eltern an, um anzufragen, ob er krank oder verwirrt sei. „Hat er sich bei ihnen auch so seltsam verhalten, hier spricht er mit allen Tieren, sogar mit den Ameisen, sie sollten mit ihm zu einem Psychiater gehen.“ 

Die Eltern jedoch verdrängten diese Anrufe und obgleich sie ähnliche Beobachtungen machten beliessen sie es dabei. „Solange er gut lernt und niemandem etwas zu leide tut müssen wir nicht zu einem Psychoklemptner“, Paps streichelte seinem Sohn über die widerspenstigen Haare und grinste ihn an. „Oder siehst du das anders?“ Paules Augen strahlten und blitzten und er schüttelte den Kopf. „ Sag mal, kann das sein, das sich deine Augenfarbe immer wieder ändert?“ „Kann schon sein“, grinste Paule und sauste davon.

Mina war hellhörig geworden. Der Grossvater hatte erklärt, wenn sich die Augenfarbe von euch beiden beginnt je nach Situation zu ändern, dann seid ihr bereit, bereit für die Aufgabe. Dann habt ihr gelernt mit euern Gaben umzugehen. Dann seid ihr vollkommene Mitglieder und angenommene Lebensgefährten unserer Welt.

Sie rannte Paule hinterher. Er war im Stall und stand vor einem mit Staub verdreckten Spiegel, den man wohl schon seid 100 Jahren nicht mehr geputzt hatte. Er hatte sich mit den Händen eine kleine Stelle in der Mitte freigeputzt und nun war er mit seiner Nase nur einige Zentimeter davon entfernt, um angestrengt hinein zu starren.

Er erschrak so sehr, als Mina hinter ihm auftauchte, dass er einen kleinen Satz zur Seite machte. 

„Meine Güte hast du mich erschrocken, was meinst du Mina, guck mal (dabei starrte er sie an), was meinst du bin ich nun ein „fertiger“ Elf?“

Mina lachte und tippte ihm lustig auf seine Sommersprossennase. „ Ja, das glaube ich, das heisst aber auch, dass wir jetzt noch mehr acht geben müssen, dass uns keiner erkennt.“ Dabei wurde Mina sehr ernst und sie sah auf einmal wie eine weise alte Frau aus.

Ihre Augen änderten die Farbe von warmem Grün in lichtes Blau. „Es ist soweit mein Bruder, jetzt müssen wir unsere Aufgabe wirklich angehen. Wir sollten nachdenken“. Dabei fasste sie Paule an der Hand und drückte sie fest.

„Lass uns zum Nachdenken unter den weisen alten Eichenbaum auf der Koppel gehen Mina, da habe ich das Gefühl nie alleine zu sein.“ 

Der Eichenbaum auf der Weide war uralt. Viele Jahre beherbergte er ein Baumhaus auf dem schon ihre Mutter gespielt hatte. Der letzte Herbststurm jedoch hatte es zerstört. Nun hätte man zwar an den wundersamen tiefauslaufenden dicken starken Ästen hinaufsteigen können, aber irgendetwas gebot den Kindern dies nicht mehr zu tun, so setzte sie sich unter dieses Baumwunder und genossen immer wieder die Kraft und den Schutz dieses Wächters.

Inzwischen erkannte der Baum wen er da unter sich sitzen hatte und senkte bei Regen und Wind, Sonne und Traurigkeit die Äste für seine Elfenkinder noch tiefer als er das sonst schon getan hatte. Die Kinder begrüssten ihren Beschützer mit dem Streicheln seiner Rinde und mit liebevollen Gedanken, die sie ihm schenkten.

Dieser Baum sollte noch viele Tage erleben, an denen er seinen „Kindern“ Schutz und Zuflucht schenkte.

Denn was Mina und Paule noch nicht wussten, sassen sie unter dem Baum, waren sie unsichtbar.

 

 

Sonnenkinder 4 /3

 

Mina erwachte. Es war spät in der Nacht, draussen schien der Mond und alles war in silberfarbenes Licht gehüllt. Sie hatte keine Ahnung warum sie so blitzartig hellwach war.

Ihr Bruder lag eingerollt wie eine Katze tief schlafend neben ihr. 

Sie stieg aus dem Bett. Ihr Gefühl sagte ihr, das sie nicht allein war, irgendetwas war in der Nähe, das sie vorher noch nie gespürt hatte. Vorsichtig lief sie auf blossen Füssen ans Fenster.

Sie hatte von ihrem Zimmer, das im Dachgeschoss war einen weiten Blick über das gesamte Anwesen der Eltern und weit darüber hinaus. Sie konnte bis zur Weide und somit auch zur alten Eiche sehen.

Sie rieb sich die Augen. Das war doch nicht möglich ! 

„Paule, he, schnell wach auf!“ Mina war schon dabei sich ihre Hose und das T-Shirt überzuziehen. „Mach schon, zieh dich an.“ Mina streifte dem völlig verdutzten und verwirrten Paul den Pulli über den Kopf. 

„Was`n los? Spinnst du, es ist mitten in der Nacht“, der arme Paule war völlig durcheinander. 

Mina schleifte ihn die Treppe hinunter und zog ihn hinter sich her über den Hof zur Weide. „Man renn doch nicht so, ich bin noch gar nicht wach!“ Paule stolperte hinter seiner Schwester her. „Du wirst gleich wach sein, wenn du siehst was ich gesehen habe“, dabei rannte sie hinaus auf die Koppel. In einem Strahl silbernen Mondlichts stand ein riesiger, wundersam lächelnder silberner Drache. Er war so gross, das Mina und Paul, der leichenblass neben seiner Schwester auf das Wesen zu trippelte,  neben ihm aussahen wie Ameisen. 

Das wunderbare Wesen senkte seinen Kopf vorsichtig auf den Boden. Er lag nun ganz flach und hatte ein so warmes und leuchtendes Lächeln in seinen goldenen Augen, das Mina nicht anders konnte als ihn über die riesige warme Nase zu streicheln. 

„Hallo, wer bist du? Was machst du hier?“ Mina war so voller Fragen. 

„Ich bin ein Silbermond-Regenbogenbogen-Drache, mein Name ist Batschaar, ich komme von weit her. Ich wurde zu euch gerufen und werde ab jetzt für euch da sein. Immer!“ Dabei schnurrte er wie ein Kätzchen, vielleicht ein wenig lauter und sein ganzes Wesen war in Liebe gehüllt. Man konnte gar nicht anders, man musste ihn sofort lieb haben.

Paule, der sich vom ersten Schrecken erholt hatte und nun wirklich hellwach war, strich ihm sanft und liebevoll über einen kleinen Teil seiner Pfote, auf dem sein riesiger wunderbarer Kopf lag.

„Steigt auf, ich muss Euch zu meinem Meister bringen, er hat einen Auftrag für Euch“. „Wer ist dein Meister?“ „ Das werdet ihr dann sehen, keine Angst ich bringe Euch bald unbeschadet zurück“.

Es dauerte eine Weile bis Mina und Paule hinaufgeklettert waren. Durch das dichte wundersame Fell des neuen Freundes bis auf den Hals hinter seinem Kopf und den grossen Ohren.

Dort war ein goldenes Vlies mit goldenen Riemen, auf dem man sitzen und sich festhalten konnte.

„Alles klar?, sitzt ihr gut?, haltet euch gut fest es geht los!“ 

Was dann geschah übertraf alles an Erlebtem was die Beiden Kinder je hatten. Die grossen goldfarbenen Flügel des Drachens hatten sie bisher gar nicht gesehen, da sie unter seinem Fell versteckt waren. 

Als er sie ausbreitete und sie zu schlagen begannen, er sich langsam in die Lüfte erhob und er im Strahl des silbernen Mondes freudig lachend hinaufflog in den Himmel, hatte Mina ein noch nie gekanntes Gefühl von Glück in ihrem Herzen zu spüren.

Paule neben ihr strahlte übers ganze Gesicht. Er hatte wieder die Gestalt des Elfen. Sie blickte an sich herunter und freute sich, als sie sich selbst erkannte.

Der Flug über Berge, Seen und Wälder hinauf bis in die Wolken dauerte lange, hätte aber nie aufhören müssen, so schön wie er war. Batschaar sang die ganze Zeit über wunderschön, unbekannte Lieder mit unbekannten Worten. Als der Drache ihnen gebot sich nun sehr gut festzuhalten, weil er landen wolle, waren die Kinder fast ein wenig traurig.

Sie landeten an dem Strand eines goldenen Meeres. Delfine und Meerwesen begrüssten die Ankunft von Batschaar. Vorsichtig glitten die Kinder vom Hals ihres neuen Freundes in den weichen weissen Sand. 

„Dort..“ Batschaar blickte in eine Richtung. Die Kinder folgten seinem Blick und sahen ein in Silberlicht getauchtes wundersames Haus, gebaut aus Sand und Schwemmholz, Stein und Muschel.

Das grosse Tor war offen. Aus dem Tor trat eine Gestalt, die genauso glitzerte wie das Meer, das mit den Wellen und dem Morgenlicht spielte. Noch sah man kein Gesicht. Nur das es eine grosse und sich anmutig bewegende Figürlichkeit war.

Die beiden Elfenkinder hielten sich an der Hand und schritten langsam auf das Wesen zu. 

Als sie fast voreinander standen lichtete sich der silberne Nebel und eine wunderschöne Frauengestalt kam zum Vorschein.

 

Ihre Augen hatten die Farbe des Meeres, wenn die Sonne eintaucht um Schlafen zu gehen.

Ihre Haare waren türkis wie das Meer an klaren Tagen.

Sie hatte ein schmales Gesicht das sich mit einem warmen, milden Lächeln den Kindern zu wandte.

„Seid Willkommen, im Land der Klarheit und der Milde, fühlt Euch getragen durch die Silberwellen des Meeres, wisset das ihr angekommen seid.“ 

Mina und ihr Bruder waren vom Anblick und der Ausstrahlung dieser Wesenheit so gefesselt, das sie mit offenen Mündern dastanden und nichts sagen konnten.

„ Mein Name ist Milaylee, ich bin die Königin des Silbermeeres, ihr müsst keine Angst haben wir kennen uns schon so lange“, dabei lächelte sie sanft und strich den Kindern übers Haar, „ ich bin eure Grossmutter.“ 

Mina hatte es tief in ihrem Inneren gewusst. Die Augen, diese Lieblichkeit. Das Bild von Grossmutter und Grossvater über dem Kamin. Jetzt fand sie den Zusammenhang. Ohne zu wissen warum legte sie ihre Arme um die Hüfte der Frau und vergrub ihr Gesicht in dem weich fallenden Gewand. Sie weinte. Tränen des Glücks und der tiefen Freude liefen über ihr Gesicht. Sie spürte Paul, der es ihr gleichtat und die „Grossmutter“ umarmte. Die Wärme und Liebe die die Kinder nun in sich aufnehmen durften war dem silbrigen Wasser des Silbermeeres gleich. Tief, klar und unendlich. Sie standen lange so. 

Irgendwann sassen sie dann zusammen am Ufer des Meeres und assen die wunderbaren Speisen, die ihnen aufgetischt wurden. Sie tranken glasklares, reines erfrischendes Wasser und die Gefühle des Glücks waren unendlich.

„Meine Lieben, ich freue mich so, das ihr den Weg zu mir gewagt habt. Ich bin so erfreut und dankbar euch hier in eurer Welt begrüssen zu dürfen. Ich wusste von eurem Grossvater schon, dass ihr den Weg durch eure Ponys gefunden habt. Ich weiss auch, das ihr von eurer Aufgabe wisst. Deshalb liess ich euch von meinem lieben Freund Batschaar hierher holen. 

Ich muss euch viele Dinge lehren und erklären, damit ihr in eurer schweren Aufgabe Erfolg haben werdet.

Aber nun ist es Zeit zu schlafen und zu träumen. Kommt ich zeige euch eure Muscheln.“ 

Die Kinder hatten sehr gut zugehört und waren keineswegs überrascht, das es noch sehr viel mehr zu lernen gab. Sie freuten sich auf die kommende Zeit. Jetzt aber waren sie müde und sehr neugierig, von welchen Muscheln ihre Grossmutter sprach.

Sie folgten der lieben Frau ohne Widerrede. In einem Raum, dessen Wände ganz aus Wasser waren, Meerwasser - Paul hatte kurz mit dem Finger daran gestippt und diesen dann abgeleckt - lagen in der Mitte zwei wunderbare grosse Perlboot- oder Nautilus Muscheln. Ausgepolstert mit weichem trockenem Seetang. 

„Schnell hinein mit euch und schlaft gut.“ Grossmutter gab beiden einen zarten Kuss auf die Stirn und verliess den Raum. Kaum war sie gegangen wurde es dunkel nur in der Höhe leuchteten Millionen Sterne. 

Die Kinder krochen in ihre Muschelhäuschen, in denen das sanfte Rauschen des Meeres zu hören war, und waren auf der Stelle eingeschlafen.

 

 

 

 

Sonnenkinder 4 / 4

 

Das fröhliche Lachen der beiden Elfenkinder war weithin zu hören. Sie versuchten verzweifelt einem Delfin zu erklären, dass er nicht ganz so schnell um die Felsenriffe sausen sollte. Aber entweder wollte Luana (der Delfin) nicht verstehen oder er konnte nicht, da die Kinder die Sprache doch noch nicht so gut fiepen konnten wie sie dachten. 

Milaylee sass am Ufer auf einem Stein und amüsierte sich königlich. Sie liebte ihre Enkelkinder und war mächtig stolz wie schnell sie lernten und welchen Spass sie dabei hatten. Sie waren mutig und ehrlich, hatten grosse Lebensfreude und waren zielgerichtet. Das machte Milaylee sehr glücklich, da sie nun jeden Tag weniger Angst haben musste, dass die Kinder mit ihrer bevorstehenden Aufgabe überfordert wären.

Irgendwann nach wirklich längerem Üben schien Luana die Kinder wirklich zu verstehen. Sie gehorchte sofort und setzte jede Bitte die die Kinder hatten sofort um. Sie sprang über Korallenriffe, zischte durch Felsenhöhlen, holte kleine Fische (die das gar nicht lustig fanden) nach oben, schlug Saltos und Purzelbäume. 

Nach dieser Tageslektion konnten die Kinder die Sprache der Delfine ohne Probleme und das war, wie Grossmutter meinte eine sehr wichtige Sache. Warum, würden sie dann später verstehen, erklärte ihnen lächelnd Milaylee.

Am nächsten Tag erwachten beide Kinder sehr früh. 

Es war ein klarer und golddurchwebter Morgen. Mina stand am Ufer des goldenen Meeres und hörte dem Singen und Klingen der silbergeschäumten Wellen zu. 

Paul stand neben ihr und seine feinen Elfenohren wackelten lustig hin und her. „Hörst du das Mina?“ Ein seltsames und immer lauter werdendes Rauschen lag in den Höhen. Beide Kinder hatten die Köpfe erhoben und blickten suchend in den unendlich lichten und langsam heller werdenden Himmel. 

„Dort, sieh dort, was ist das Paul?“ Mit riesigen Schwingen und einem Feuerschweif fuhr ein riesiges beflügeltes Wesen durch die Wolken. Es flog in lustigen Bögen und Kreisen, dabei spie es immer wieder Rauch und Feuer aus.  Im folgten noch zwei weitere seiner Art. Die drei schienen richtig Spass zu haben. 

Mina und Paul waren wie versteinert und völlig fasziniert. Sie konnten sich gar nicht weg bewegen.

Erst als der Erste der Drei immer schneller näher kam packte Mina Paul am Arm und sie rannten auf und davon in Richtung ihres Schlafgemachs. Aber sie waren natürlich viel zu langsam. Noch bevor sie nur in die Nähe des schützenden Hauses kamen landete das erste „Ungetüm“ mit viel Staub und Lärm vor ihnen im Sand. Dann das Zweite und das Dritte. Mina hatte Paul unter sich gezogen und sie lag zitternd und voller Furcht zusammengerollt im Sand. „Oh mein Gott, oh mein Gott jetzt werden sie uns fressen“, jammerte Paul unter Mina. „ Sei still und bete“, das war das Einzige was Mina mit leiser zitternder Stimme heraus brachte.

Dann, als auch die anderen Beiden landeten gab es ein unglaubliches Getöse. 

Danach herrschte nur noch Stille. Nachdem sich auch nach einiger Zeit Nichts tat hob Mina vorsichtig den Kopf und blinzelte mit den Augen.  „Nanu?“,  da war nix, kein einziges feuerspeiendes Wesen war zu sehen. 

Paul kroch vorsichtig unter Mina hervor. Beide Kinder schauten sich verdutzt an. „ Das kann doch nicht sein, wir haben sie doch beide gesehen, wo sind die hin?“ Pauls Augen suchten den Horizont in alle Richtungen ab, aber sie waren verschwunden. „Seltsam, ist das schon - ich denke wir sollten das Grossmutter erzählen.“ Mina zog Paul auf die Füsse und die beiden Kinder begannen zu laufen.

Inzwischen stand die wärmende und goldene Sonne am Himmel. Als die beiden Geschwister das Haus von Milaylee erreichten waren sie nicht wenig erstaunt, dass ihre Grossmutter ihnen lächelnd entgegen blickte.

Rechts, links und hinter ihr lagen die beflügelten Wesen, die sie gerade noch so furchtbar erschreckt hatten. Wie Schosshündchen hatten sie sich bei Milaylee zusammengerollt, nur ihre Augen verrieten, dass sie wach waren und jeden Schritt der Kinder verfolgten. 

„ Guten Morgen meine Lieben, ich hoffe das euch diese drei Rabauken nicht zu sehr erschreckt haben. Darf ich vorstellen, das sind Bo, Tak und Te. Drei noch recht ungestüme Glücksdrachen aus dem Reich des Feuers. Sind noch sehr jung und wissen noch nicht so recht wie man sich zu benehmen hat. Ich hoffe ihr könnt ihnen verzeihen.“ Während Grossmutter dies den Kindern erklärte, spürte man förmlich, wie die drei sich schämten. Mina hatte sogar das Gefühl das Bo ein wenig rot wurde im Gesicht.

„Sie haben uns mächtig erschrocken,“ Paul war noch immer leichenblass und stand sehr nah neben seiner Schwester. Er blickte düster hinüber zu den Drachen. „Ich denke sie haben ihre Lektion gelernt, ihre Strafe haben sie schon bekommen. Sie dürfen heute Abend nicht in den Sonnenuntergang fliegen, sondern müssen hier bleiben.“ Milaylee schaute die drei sehr streng an. „Is schon ok.“ Mila taten die drei jetzt fast ein wenig leid. Sie lagen da wie beleidigte, traurige Hunde und nichts an ihnen wirkte bedrohlich. 

„Frühstücken ist angesagt, kommt rein. Ihr müsst euch stärken, heute gibt es wieder einiges zu lernen.“ Grossmutter drehte sich um und ging ins Haus. Mina und Paul folgten ihr vorsichtig durch die Drachen hindurch,  aber die waren brav wie Mamas Katzen. 

 

 

Sonnenkinder 4/5

 

Der Tag war voll mit neuen Erfahrungen. Spuren lesen, Himmelsbilder erkennen und danach handeln, Früchte und neue Nahrung schmecken und sehen. Die beiden Kinder waren am Nachmittag völlig erschöpft. 

In einer kleinen Pause am goldenen Meer, einem Besuch bei Luana dem lustigen Delfin, fielen Beide in einen tiefen Schlaf. 

 

Sie erwachten gleichzeitig. Aber nicht mehr in der Anderswelt. Sie lagen zu Hause im Stall bei ihren Ponys im Heu. Im Augenblick waren sie ein wenig verwirrt, konnten sich jedoch schnell orientieren und liefen ins Haus zu ihren Eltern. 

Noch bevor sie die Haustür öffnen konnten hörten sie lauten Streit und schlimmen Krach im Haus. 

Das kannten beide gar nicht von ihren Eltern. Sie schauten sich erschrocken an und schlichen leise in den Hausgang und dann vor die Tür der Stube aus dem die Stimmen zu hören waren.

Ihre Mutter weinte. „Ich habe dir immer gesagt, dass es nichts Gutes bringt wenn du das Land dort draussen verkaufst. Jetzt siehst du was wir davon haben, wir werden unser zu Hause verlieren, wir müssen unsere Tiere verkaufen, die Kinder verlieren alles was sie lieben.“ Mama schluchzte. „Ich werde es den Kindern nicht sagen, dass kannst du machen.“ Sie hörten ihren Vater laut atmen. „Ja, ich werde es ihnen sagen, sie werden sich in der Stadt wohlfühlen, da gibt es viel mehr Dinge, die sie unternehmen können, sie werden es lieben.“ „ Und ihre Ponys, ihre Ausritte, ihre Liebe zur Natur? Was ist mit all dem? Sie sind Naturkinder, sie werden in der Stadt schrecklich traurig sein, du weisst wie sehr Paul seinen Bolle liebt. Oder etwa nicht, du weisst was wir diesem Pony verdanken.“ 

Mila und Paul sassen wie versteinert vor der Stubentür. Das konnte doch nicht sein, dass ihr Vater das Land verkauft hatte. Drinnen ging das Gespräch weiter und wurde immer lauter.

„ Wie kannst du es gut finden, wenn das Land am Fluss zu einem Flugplatz umgebaut wird?“ Du bist doch selbst gerne hier gewesen, du hast deinen Beruf als Agrar- und Bio Ingenieur mit Liebe hier ausgeübt. Was ist nur in dich gefahren. Du hast Entscheidungen ohne uns, deine Familie gefällt. So geht das nicht. Geh hol deine Kinder und schau sie an, wenn du ihnen erzählst was du getan hast!“

Mila und Paul konnten gerade noch von der Tür wegspringen. Der Vater riss die Tür auf und raste in den Hof. Er trat mit einem heftigen Krach gegen die Mülltonne vor dem Stall, die mit einem lauten Rums umfiel.

„Mila, Paul! Kommt rein, jetzt - sofort!“ Vater war noch nie so aggressiv gewesen. Er rauschte wieder in die Stube zurück, er schlug die Zimmertür mit einem lauten Schlag zu.

Mila und Paul nahmen sich an die Hand und gingen gemeinsam ins Zimmer. Sie hatte Paul noch nie so ängstlich erlebt. Nicht einmal bevor die Ponys in die Familie kamen. Er klammerte sich förmlich an die schmale Hand seiner Schwester. 

Ihre Mutter sass im Stuhl am Fenster. Die Kinder hatten sie so noch nie gesehen. Sie war blass. Ihre Augen rot vom Weinen. Sie lächelte ihre Kinder gezwungen an. „Setzt euch doch bitte, Papa möchte euch etwas sagen.“ Die Geschwister setzten sich eng aneinander auf die Couch und schauten mit grossen Augen auf ihren Vater, der unruhig im Zimmer hin und her lief.

Er stellte sich breitbeinig vor die Kinder. „Wir werden in die Stadt ziehen. In zwei Monaten werden wir hier weg sein. Ich möchte, dass ihr Eure Ponys irgendwo bei Freunden unterbringt. In der neuen Schule habe ich euch schon angemeldet. Es wird euch gefallen da.“ Mila spürte die Unsicherheit des Vaters hinter seiner aufgebauschten Fassade. Trotzdem war sie geschockt. Sie kannte ihn so überhaupt nicht.

Paul war wie versteinert. Er war kalkweiss und Mila spürte wie sehr er zitterte neben ihr. Sie zog ihn noch enger an sich und legte ihren Arm um ihn. 

„Ich gehe hier nicht weg!“ Mila blickte ihren Vater ernst an. „Ich werde Lola ganz sicher niemandem geben. Sie ist mein Pony und das wird sie bleiben.“ Der Vater war über die geradlinige und starke Aussage seiner Tochter überrascht und es machte ihn wütend. Er schrie seine Tochter an:“ Du wirst tun was ich dir sage!“ 

„Nein, das werde ich nicht!“ Mila fühlte eine unglaubliche Kraft in sich und sie wusste, dass sie niemals von hier weg gehen würde.

Zart und fast geflüstert meldete sich Paule zu Wort:“ Ich werde auch nicht von hier weg gehen, Bolle ist mein Bruder und er wird bei mir bleiben.“ Dabei liefen ihm die Tränen wie Bäche über die Wangen. Das Zittern war inzwischen sichtbar und er war so blass, dass Mila Angst hatte, das er jeden Moment umfallen könnte. Mila zog ihn hoch und beide Kinder verliessen unter dem Gebrüll des Vaters Stube und Haus. 

Mama sass zusammengesunken auf ihrem Stuhl und schien nicht anwesend zu sein. 

 

 

Sonnenkinder 4/6

 

Mila und Paul hatten sich schnell ihre Rucksäcke gepackt. Unter lautem Gebrüll das aus der Stube drang ritten sie ohne Zögern hinaus in den immer dunkler werdenden Abendhimmel. 

Mila musste sich immer wieder die Tränen aus den Augen wischen. Paule war vor Erschöpfung auf seinem Pony eingeschlafen. Er lag mit dem Kopf auf dem Hals von Bolle, er schluchzte immer wieder im Schlaf. 

Eigentlich wollte Mila zum Elfenwald reiten, aber sie konnte suchen so lange sie wollte sie fand ihn nicht. 

Es war schon sehr spät in der Nacht und es wurde empfindlich kalt, als Mila eine Höhle entdeckte, die sie noch nie gesehen hatte. 

Sie glitt von Lola und schritt vorsichtig in das Innere des versteckten Felsenraums. Er war so hoch, das die Ponys auch ohne Probleme nach innen konnten. 

Mila führte Lola hinein. Bolle folgte vorsichtig. Der Klang der Hufe auf dem festen Lehmboden schallte gedämpft von den Höhlenwänden wieder. Man hatte das Gefühl, dass das Pony ja nicht stolpern wollte, es wusste das es eine verletzte Kinderseele trug. Mila legte die mitgebrachten Decken auf den Boden. Sie zog Paule vorsichtig vom Rücken seines Ponys. Er erwachte nicht. 

Mila lag noch eine ganze Weile wach und lauschte den Geräuschen der Nacht. Sie wusste, dass sich ihr Leben in dieser Nacht wohl völlig verändern sollte, sie hatte Angst und doch spürte sie eine nie gekannte Kraft in sich. Sie erinnerte sich an die Worte ihrer Grossmutter: „ Denk daran, ihr seid niemals allein, ganz egal was passieren wird. Mila rollte auf die Seite sie spürte ihren Bruder neben sich, hörte seinen Atem und immer wieder ein leises Schluchzen, sie strich ihm sanft über die Schulter und rutschte ganz nah an ihn heran. Die Ponys standen ganz in der Nähe, Mila hörte sie sanft atmen und ab und zu schnauben. Es beruhigte sie zu wissen, das Bolle und Lola hier waren. Sie nahm die eiskalte Hand ihres Bruders und schlief eng an ihn gekuschelt ein. 

Als Mila die Augen aufschlug fiel ein Sonnenstrahl von der Decke der Höhle direkt auf ihren Schlafplatz.

Die Höhle war noch viel grösser als Mila am Abend angenommen hatte. Der ganze Innenraum war nun Golden durchflutet und das Mädchen staunte ab der Schönheit die sie umgab. Da waren Kristalle in den Felsnischen und wunderschöne Farne und Pflanzen, die Mila gänzlich unbekannt waren. Irgendwo weiter hinten hörte sie Wasser rauschen. 

Erst jetzt sah sie, das der Schlafplatz neben ihr leer war. Paule war nicht mehr da. Einen kurzen Moment klopfte ihr das Herz bis zum Hals und in ihr kam Panik auf, doch dann sprang sie auf und lief in die Richtung aus der das Wasser zu hören war. 

Als sie um die Ecke eines grossen Felsvorsprungs bog bot sich ihr ein unglaubliches Bild, es war wie aus einer anderen Welt.

Vor ihr lag ein grosser Raum, wie der Innenraum einer Kathedrale. Rund und weit. In der Mitte ein türkis-grüner See, der von einem wunderbaren Wasserfall gespeist wurde und überall unglaublich schöne Planzen in allen Farben und Formen, wie sie Mila noch nie gesehen hatte. 

Die Ponys grasten auf den Wiesen, die den See weich einrahmten. Paule stand quietschend und lachend unter dem Wasserfall und er war nicht alleine.

 

 

Sonnenkinder 4 / 7

 

Paule war umringt von Elfen, Feen, Devas und anderen Wesenheiten, die Mila nicht benennen konnte.

Die Gestalt von ihrem Bruder hatte sich wieder angepasst. Seine grünen Augen leuchteten und seine spitzen Ohren wackelten voller Freude.

Mila blickte an sich herunter und lächelnd stellte sie fest, dass auch ihre Gestalt sich gewandelt hatte.

Als die Wesen sie erblickten ging ein Raunen durch die Luft und plötzlich herrschte ein tiefe Stille. 

Mila drehte sich unwillkürlich um, da sie nicht annahm, dass die Stille wegen ihr eingetreten war. Aber hinter ihr, neben ihr und über ihr war nix. Da war nur sie. Auch Paule schwieg. Was war nur los?

Plötzlich teilte sich der Wasserfall wie ein seidener Vorhang und es trat eine feingliedrige sehr wundersame Gestalt hervor. Sie war nur Wasser und doch hatte sie die Form eines Wesens, das aufrecht ging, Hände und Beine besass, die jedoch in einem ständigen Fliessen begriffen waren. Das Gesicht war ebenso kaum erkennbar und doch war es da. Mila merkte das ihr der Mund offen stand. Dieses Wesen war so einzigartig wundersam, das eine grosse Ehrfurcht Mila ergriff und sie unbeabsichtigt wie selbstverständlich auf die Knie sank. Sie hielt ihren Kopf gesenkt und ein Gefühl unglaublicher Demut durchfloss sie im selben Moment.

„Steh auf königliches Kind, schau mich an, ich habe lange genug auf dich gewartet.“ Die Stimme war klar und weich, glucksend und springend, tief und klingend. Sie zog in Wellen durch Milas ganzen Körper.

Als sie den Blick anhob, stand das Wasserwesen lächelnd und fliessend vor ihr. Dort wo es gegangen war hatte sich ein singender, klingender Bach gebildet. Wieder traf sie eine Welle, eine Welle unglaublicher Liebe. „Gib mir deine Hand und lass mich dich spüren. Ich möchte dich durchfliessen und erkennen.“ Das Mädchen hatte gar keine andere Wahl, als hingebungsvoll ihre Hand in die seine zu legen. Was dann geschah lässt sich kaum in Worte fassen. Mila verschmolz mit dem Wesen. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie im Wasser, aus Wasser, unter Wasser. Sie verspürte das Plätschern und Rauschen, sie glaubte zu zerfliessen und doch ein Ganzes zu sein. Sie sah plötzlich Fische und Krebse, Seesterne und Seepferdchen, Muscheln und Algen in sich leben und lernte sie in dem Bruchteil einer Sekunde verstehen, sie verstand das Plätschern des Baches, das Rauschen des Meeres und das Tropfen und Strömen des Regens, sie hörte Tautropfen singen und Nebeltröpfchen raunen, sie hörte die Wut des Tsunamis und die klagenden Worte des immer dünner werdenden Stromes des austrocknenden Flussbetts. In den Wolken des Sturms fing sie klagende, ängstliche  aber auch mutige und übermütige Gespräche auf, die die Tropfen sich gegenseitig schenkten, bevor sie in erfüllender Aufgabe auf die trockene Erde fielen. Ihr Herz wurde weit und gross und unfassbar bunt, als sie die in Hingabe singenden Wassertröpfchen hörte, die den Regenbogen malten.

 

Der Moment in dem sich die Hände voneinander lösten war eine Sekunde ein Gefühl unglaublicher Verlassenheit. Doch kaum „Verlassen“ spürte sie eine grosse Weite und tiefe Kraft in sich. 

 

So wie das Wesen gekommen war ging es zurück, bevor sich der Wasserfall schloss drehte es sich bedächtig um, hob die Hand zum Gruss und lächelte Mila aus einem Vorhang aus Wasser zu. Dann war es verschwunden. 

Paule und die anderen Geschöpfe klatschten in die Hände und gratulierten der verdutzen Mila tausendfach. 

Als Paule sich endlich neben Mila auf dem Gras niederliess und sie einen Moment lang alleine waren, fragte Mila ihn immer noch völlig durcheinander:“ Paule bitte erklär mir, wo sind wir und was war das?“ Ihr kleiner Bruder grinste sie vielsagend an. Wieder einmal erkannte Mila, dass er was die Anderswelt anging - sehr viel mehr wusste als sie selbst. Der verzweifelte und traurige Junge des Vorabends war verschwunden. 

Ein selbstsicherer, verschmitzter, wissender kleiner Elf sass vor ihr, der sie bewusst ein wenig schmoren liess. „ Ich?, ich weiss nix, oder doch?“ dabei legte er seinen zarten Zeigefinger an die Nase und verdrehte seine vielsagenden Augen. „Paule, mach keine Witze, sag was ich wissen will!“ Mila hatte einen orangeroten Kopf bekommen vor Ungeduld. „Die Wasserkönigin, hat dir ihr ganzes Wissen geschenkt, damit hat sie dich in den Stand eines königlichen Kindes erhoben. Das heisst, du hast ihre Weisheit nun in dir und musst mit dieser sehr überlegt und weise umgehen. Du trägst nun eine grosse Verantwortung.“ Dabei schaute Paule ihr sehr lange und sehr tief in die Augen. Dann meinte er, als sei es gar nix Besonderes:“ Mit mir hat sie das schon heute früh gemacht“. Dabei grinste er von einem Ohr zum anderen. „Ach, und übrigens sind wir hier in der Anderswelt nun zu Hause, ein anderes haben wir ja nicht mehr.“ Dabei zuckte er mit den Schultern und lächelte sie ein wenig traurig an. „ Ich finde es ist schön hier und man kann sich wohlfühlen, oder etwa nicht?“, er grinste und sauste davon.

 

 

Sonnenkinder 5 / 1

 

Die Höhle wurde zur neuen Heimat der beiden Geschwister. Das Verlangen nach Hause in die menschliche Welt zu gehen wurde mit jedem Tag weniger, bis es ganz verschwunden war. Die Erinnerung in die Welt der Menschen war nur noch ganz selten in den Herzen der Kinder. Damit jedoch auch das Wissen über ihre eigentliche Aufgabe. 

Die Tage der beiden waren voller Glückseligkeit. Sie ritten auf ihren Ponys durch nie gekannte Landschaften, waren bald bekannt und begegneten auf ihren Erkundungstouren immer neuen wunderbaren Wesenheiten, die ihnen spielerisch und oft gar nicht wissentlich grosses und tiefes Wissen schenkten.

Es war eine lange Zeit vergangen, in der die Geschwister sich mehr und mehr selbst kennenlernten und ohne das sie es bemerkten bereiteten sie sich doch auf die noch ausstehende Aufgabe vor. 

Die Zauberkräfte des Bruders wurden immer wieder in lustigen Spielen mit Waldwesenheiten geübt. Sie legten den beiden Kindern zum Beispiel riesige Felsen oder unüberwindbare Baumstämme in den Weg. So erkannte Paule, dass er durch die Kraft seiner Gedanken Felsen und Steine in unvorstellbaren Grössen verschwinden bzw. verschieben konnte. Er lernte mit den Blättern zu fliegen, sich in den Wind zu stellen, ihn zu verstehen und mit ihm zu spielen.

Mila begann zu heilen. Viele Tiere kamen zu ihr mit zuerst kleinen und dann grösseren Verletzungen. Sie erkannte die Kraft ihrer Hände. War erstaunt über ihr inneres Wissen. Sie lernte Heilkräuter kennen, wie man daraus Salben und Wundauflagen machen konnte und vieles mehr. 

Irgendwann begegnete ihr ein alter, uralter Baum auf ihrem Weg. Sie machte unter ihm Rast. Plötzlich löste sich aus dessen Rinde ein unbeschreibliches Baumwesen. Es war in den Farben des Waldes gekleidet. 

seine Beine und Hände sahen aus wie Wurzeln, sein Gesicht wie das eines uralten Menschen. Durchzogen mit hunderten von Falten und Furchen. Die Augen schimmerten in einem bernsteinfarbenen Braun warm und unglaublich wissend. Von ihm erfuhr Mila das sie eine Sehende war und wie sie damit umzugehen hatte. Lange Zeit wanderten die zwei stundenlang durch den Wald, kicherten und lachten, erzählten und philosophierten über Dieses und Jenes. Ohne das Mila es merkte füllte sich ihre Seele mit einem unermesslichem Schatz an uraltem Wissen. 

Immer häufiger waren die Geschwister unabhängig voneinander unterwegs. Paule traf sich mit Zauberern des Waldes und des Meeres, der Steppe und der Berge, hatte mit ihnen unermesslich viel Spass und lernte und lernte. Ohne das es die Kinder merkten wurden sie von Grossvater und Grossmutter geführt. Die Schule im Land der Ferne war unergründlich und für jedes „Kind“ anders. Denn jede Seele trug eine andere Aufgabe und somit eine andere Ausbildung. Sanft und ohne Strenge mit Spass und Neugier wurden die Elfen- Devas- Feen- und alle Kinder jeder Wesenheit auf ihr Leben und ihre Aufgaben vorbereitet.

Die Zeit, die gar keine mehr war, es gab nur DAS LICHT und DAS DUNKEL, flog dahin. Manchmal schlief man am Tag, wenn man die Nacht durchforschte und manchmal schlief man in der Nacht, wenn der Tag einen gerufen hatte. Der Schlaf meldete sich und man hörte auf ihn. Das konnte auch mitten im Tag sein, einfach so. Dann suchte man sich eine Blätterhängematte oder ein unbewohntes Spechtloch, irgendwo fand man immer einen wohligen Platz zum Ruhen.

Die Tage und Nächte waren ausgefüllt, immer, auch dann wenn man nichts tat. Dann „war“ man einfach. 

Lauschte den Geräuschen des Waldes, des Sees, der Luft und vor allem sich selbst und dabei füllte sich die Seele mit Glück und wunderbunten Farben und sie tanzte vor Freude.

Doch auch im Land der Ferne ist nicht alles nur Glück und Freude. Das sollten Mila und Paule bald erfahren.

 

 

Sonnenkinder 5 / 2

 

Mila erwachte als Erste. Das Geräusch war unheimlich und das Gefühl, das sich in ihr ausbreitete, war längst vergessen: Angst!

Paule sass stocksteif neben ihr: „ Was ist das?“ flüsterte er. „Ich weiss es nicht, Bolle und Lola sind auch unruhig. Wir sollten zum Wasserfall, vielleicht sind die Anderen da und können uns sagen was das ist.“ 

Doch die Nacht war stockdunkel. Da waren keine Lichter, die sonst die Nachtelfen trugen, es gab keinen einzigen Stern am Nachthimmel, es gab kein Wispern und Raunen, welches sonst von den Nachtalpen durch das Dunkel klang. Es war unheimlich still, nur das Geräusch breitete sich immer weiter aus, wie das Netz der Spinne, das immer grösser wird und irgendwann alles und jeden fängt.

Die Kinder sprangen auf ihre Ponys und ritten vorsichtig zum Wasserfall. An jedem anderen Tag hatte er silbern durch die Nacht geleuchtet. Heute sah man ihn nicht. Es war ein finsteres Loch ohne jeden Zauber.

Das Geräusch, das einem stürmischen Rauschen glich, war inzwischen so laut, das sich die Kinder kaum mehr verständigen konnten. „Wir müssen uns irgendwo verstecken.“ Paule schrie, damit ihn Mila verstand. 

Noch nie hatten die Kinder Mühe gehabt ihre Ponys zu halten, doch jetzt galoppierten sie in wildem Galopp los und Mila und Paule krallten sich in ihren Mähnen fest. Pure Angst floss durch ihre Körper und vielleicht war das die Rettung für die ahnungslosen Kinder. Die Pferde hielten schwitzend und schnaufend auf einer weit entfernten Wiese. Ihre Flanken bebten und ihre Nüstern waren weit gebläht.

Dort wo sie noch eben gewesen waren ging ein Feuerball nieder und ein Geräusch schrecklicher Zerstörung durchzog den Elfenwald. Das Feuer breitete sich in Windeseile aus. Der Wald brannte und dann begann die Flucht. Tiere, Elfen, Feen und alle erdenklichen Wesen versuchten der Feuersbrunst zu entkommen. 

„Warum tut die Wasserkönigin nichts, sie könnte doch den See aufheben und es regnen lassen? 

Wo ist sie nur?“ „Warum wartest du Paule? Mach doch was! Du bist der beste Zauberer den es gibt!“ Mila schrie ihren Bruder an. Er stand wie angewurzelt neben ihr und bewegte sich nicht. Er schien versteinert zu sein. Noch einmal stellte sich Mila vor ihn und brüllte ihm genau ins Gesicht:“Tu was, Himmel noch mal, Paule wach auf!“ Dabei stiess sie ihm mit der flachen Hand vor die Brust. Paule schien endlich aufzuwachen. Er taumelte und sprang auf Bolle. Wie mit Flügeln flogen die Ponys durch den fast schon lichterloh brennenden Wald. Wie von Geisterhand geführt fanden sie den Weg zum See. Vom Rücken seines Pony`s aus begann Paule den See in die Luft zu heben. Mila betrachtete ihn und um ihn herum schien ein Schein von Gold während er seine Hände langsam von unten nach oben hob. Er murmelte irgendetwas was Mila nicht verstand. Er führte das Wasser dorthin wo es schon lichterloh brannte. Dann liess er es fallen. 

Das Zischen und rauschen des fallenden Wassers war wohl weithin zu hören. Der Rauch der sich danach ausbreitete weithin zu sehen. Der See füllte sich immer wieder von selbst auf. Er wiederholte das Ritual wohl 3 mal, dann lag eine dicke undurchdringliche Rauchwolke über dem Land. Das Feuer war gelöscht.

Das Elfenparadies zerstört.

 

 

Sonnenkinder 5 / 3

 

Als sich der Rauch verzogen hatte konnte man das Ausmass der Zerstörung erst richtig erkennen. 

Paule und Mina waren auf den Berg gestiegen, der sich hinter dem Elfenreich erhob. Dort, wo vor wenigen Stunden noch Glück und Freude herrschte war nur noch ödes, dreckiges Grau.

Mila liefen ohne Zutun Tränen die Wangen hinab. Paule fiel neben ihr auf die Knie und begann wieder zu zittern. Mila nahm ihn in die Arme. „Wir müssen herausfinden wer das getan hat, was das war, dazu müssen wir tapfer sein, komm Paule aufstehen wir schaffen das!“

Seid dem verheerenden Feuer hatten die Kinder keine einzige Elfe gesehen. Auch alle anderen Wesenheiten waren verschwunden. Auch nach längerem Suchen und Rufen hatten sie niemanden gefunden. 

Nun nach fast 2 Tagen setzten sich die Kinder auf ihre Ponys und verliessen das verbrannte Paradies. 

Traurig blickten beide noch einmal zurück, um dann einer neuen wichtigen Aufgabe entgegen zu reiten. Ohne das sie es wussten, waren sie mittendrin in der Weissagung ihres Grossvaters…. „den Menschen die Erde wieder näher zu bringen und die Liebe zur Erde zu erneuern.“ 

 

Erst nach drei Tagen kam die Sonne wieder und die Wälder und Ebenen wurden wieder grün.  Damit verbesserte sich auch die Laune der Kinder wieder. Als der erste Streif des blauen Himmels am Horizont erschien schauten sich die Geschwister an und lächelten beide gleichzeitig.

„ Ich denke jetzt finden wir unsere Freunde bald wieder“, Paules Augen begannen wieder zu leuchten.

Die Natur veränderte sich stetig. Blumen malten die Wiesen bunt und die Wasser die ihnen begegneten erzählten wieder Geschichten. Aber nirgends war eine Wesenheit zu spüren oder zu sehen. 

Plötzlich stiess aus dem Nichts der Himmelbläue mit einem tiefen warmem Lachen Batschaar, der Regenbogendrache zu ihnen nieder. Er landete gut 20 m von ihnen entfernt auf einer bunten Blumenwiese und sein Lächeln malte Glück in die Welt. 

„Batschaar", Mila sprang von Lola und drückte dem riesigen Drachen ein Küsschen auf die grosse in den Blumen liegende rosa Nase. „Oh, Batschaar, es ist so schön, das du da bist,“ sie kuschelte sich in sein langes silbrig glitzerndes wolleweiches Fell. Paule strich ihm sanft über seine riesige Pranke und strahlte übers ganze grüne Gesicht. Der Drache schnurrte vor Glück:“ Ich bin so froh, das ich euch gefunden habe, ich bin schon lange unterwegs über das gebrannte Land, aber alles lag unter dem rauchigen Nebel und ich konnte und konnte euch nicht finden. Wie froh bin ich…“, dann fing er an zu singen und die Kinder kuschelten sich in das Fell und alle drei schliefen vor Erschöpfung ein.

Die Sonne stand schon tief, als Mila als Erstes erwachte. Der Himmel färbte sich schon orange und es kühlte merklich ab. Batschaar hob den Kopf und dabei rutschte Paul vom Hals des Drachens und erwachte ebenfalls. „ Oh, oh, wir müssen los. Schnell steigt auf bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwindet.“ 

„Aber die Ponys …“, stotterte Paule und blickte sich nach ihnen um, sie waren nicht da.

„Sie sind schon unterwegs.. los, los wir müssen weg hier“. Die Kinder spürten die Unruhe von Batschaar und kletterten schnell auf ihren Platz. Sie wunderten sich, aber fragten nicht nach. Kaum sassen sie fest, hob der Drache ab. Noch nie war Batschaar so schnell weit hinauf ins Nichts geflogen. Die Kinder mussten alle Kraft aufwenden um sich fest zu halten und dieses Mal waren sie sehr froh, als Batschaar zur Landung ansetzte. Inzwischen war es stockdunkel und es war kalt.

 

Sonnenkinder 5 / 4

 

„Mila, wo sind wir hier?“ Paule klammerte sich an die Hand seiner Schwester. „ Ich weiss es nicht Paule, ich seh gar nichts.“ Mila drehte sich zu Batschaar um und wollte ihn fragen, doch er war verschwunden.

Einen kurzen Moment verspürte sie Panik. Doch dann hörte sie eine sanfte Stimme rufen. „ Mila, Paule kommt hierher, aber seid leise.“ Mila versuchte zu erkennen woher die Stimme kam. „ Dort Mila, schau dort aus der Wurzel des alten Baumes leuchtet ein Licht“. Die Kinder schlichen zaghaft auf das Helle leuchten zu. 

Im Eingang der riesigen Baumwurzel stand eine kleine lustige Gestalt. Sie war nicht zart und schlank, sie war gedrungen und kräftig. Hatte grosse Ohren und lustige rote Haare, die nach allen Seiten abstanden. Die knubbelige Nase war rot und rund, mitten in einem erdig braunen Gesicht. Die Augen waren leuchtend goldbraun klein und rund. 

Aber das Lustigste an dem kleinen Wicht waren seine Füsse. Sie waren für den kleinen Körper riesig und voller brauner Haare. Auch die Hände waren gross und die Finger kräftig und erdig. 

„Herein, herein, schnell, schnell“, der kleine Kerl schob die Kinder vor sich her in einen erdigen Gang hinunter unter den alten Baum.

Mila und Paule hielten sich fest an den Händen. Der kleine erdige Kerl war unglaublich schnell unter der Erde unterwegs. Die Kinder hatten Mühe ihm in den dunklen Gängen zu folgen. 

…und plötzlich war er verschwunden.

Die Geschwister standen nebeneinander und lauschten in die Dunkelheit. „Wo ist er hin?“ Paule wurde unruhig. „Warte, warte Paule, keine Panik, er war gerade noch da, irgendwo muss der Weg weitergehen.“ Mila beruhigte sich mit ihren Worten selbst.

Beide gingen vorsichtig einen Schritt nach vorne und „schwupps…“ verloren sie den Boden unter den Füssen und es ging mit einer unglaublichen Geschwindigkeit nach unten. Es war wie in einer Röhre. Die Schnelligkeit nahm immer mehr zu und Mila konnte die Hand von Paule nicht mehr halten. Paule schrie hysterisch nach seiner Schwester. Mila hörte nur noch das Pfeifen der Windes neben sich und sie hatte das Gefühl einer unglaublichen Leichtigkeit und dabei doch eine nie gekannten Angst.

Sie wirbelte wie ein Tennisball auf einem Luftstrom, völlig handlungsunfähig. Wo steckte Paul, sie konnte ihn nicht mehr hören. 

Dann - urplötzlich war das Pfeifen vorbei und Mila fiel und fiel und fiel in ein Meer aus weicher und schäumender Watte. Oder waren es Wolken? Als die „Wolkenberge“ sie wieder frei liessen sah sie neben sich einen leichenblassen Paule aus dem Wattemeer auftauchen.

Beide Kinder waren unglaublich erleichtert, dass sie sich wieder gefunden hatten. Nachdem sie sich aus dem weichen Meer befreit hatten standen sie auf einer grünen weichen Wiese, die über und über mit seltsam anmutenden Blumen bevölkert war.

Es gab keinen Himmel, es war weit entfernt ein wie Holz aussehender Horizont auch über ihnen. Es war wohl die Rinde des alten Baumes. 

„Kommt, kommt, wo bleibt ihr denn?“, da war er plötzlich wieder der kleine Erdling, er trieb die Kinder an und Beide folgten ihm so schnell wie möglich um ihn ja nicht noch einmal zu verlieren.

Es ging immer tiefer hinab aber seltsamer Weise wurde es nicht dunkler, sondern es begann mit einem Schimmer Glitzer und Gold immer heller zu werden. Es dauerte nicht lange und die Kinder erkannten weshalb das wohl so war. Glitzernde und funkelnde Steine, die so schön waren, wie Mila und Paul sie noch nie gesehen hatten, füllten immer mehr die erlernen Wände, die den langen Gang begrenzten. 

„Das sind Edelsteine Miliz“, flüsterte Paul ehrfurchtsvoll seiner Schwester zu. Dabei berührte er sachte einen riesigen Bergkristall, der aus der erdig felsigen Wand herauswuchs. Kaum hatte er ihn mit seinem kleinen Finger angefasst, begann er zu strahlen wie ein goldenes Wunderlicht. Der Weg wurde hell und erstrahlte wie mit tausend Sternen. Überall glitzerte und funkelte es und dann öffnete sich der schmale Erdgang und wurde weit. Wie eine riesige Höhle, aber eine Höhle ohne Ende. Es war nicht mehr dunkel und erdig braun, es war farbig und wohlig. Pflanzen und sogar Bäume waren da, ein glitzernder türkisgrüner See umrahmt von felsigen Riffen, die ebenfalls in allen möglichen Farben leuchteten. 

Dann waren da wie aus dem Nichts gezaubert plötzlich eine Unzahl von Wesenheiten, die mit fluoreszierenden Farben ein magisches Bild malten. 

Die Geschwister staunten mit offenem Mund über all diese neuen wundersamen Wesen, die neugierig um sie herum schwirrten und gaukelten, sie zupften und streichelten, kicherten und wisperten.

Nach etwa 10 Minuten öffnete sich die Höhle nach oben, Licht, sonnenstrahlengleich erfüllte den geöffneten Raum und das Herz, aus dem Licht trat eine kleine Gestalt. Sie war nicht viel grösser als Mila und Paul, aber ihre Ausstrahlung war so mächtig und klar, dass die Kinder einmal mehr wussten, dass sie jemanden sehr Bedeutenden vor sich hatten.

 

 

Sonnenkinder 5 / 5

 

Es war der Herrscher der Erdwesen, der die Geschwister freundlich begrüsste. Sein strahlendes Lächeln durch seine erdig lederne Haut, seine warmen goldbraunen Augen und seine liebevolle Art umfing die Kinder wie ein Flies aus Liebe und Licht.

Auch er hatte auf Mila und Paul gewartet, um ihnen sein Reich und seine Künste näher zu bringen.

Wieder durften die Kinder sich an unbekannten, wunderbaren Speisen laben und neue liebenswerte Wesenheiten kennenlernen. Sie schliefen in Edelsteintrusen, die weich mit Flechten und Moos gepolstert waren. Eine von Träumen und Erholung geschenkte Nacht folgte, dann begann der Weg des Lernens. 

„Erkläre mal einem Maulwurf, dass er dir einen Gang graben soll“, Mila war genervt. Maulwürfe und Erdwesen hatten eine aussergewöhnliche Sprache und dieses Mal fiel es beiden Kindern nicht leicht sie zu lernen. Es geschahen viele Dinge, die so wundersam waren, dass vor allem Mila es häufig nicht glauben konnte was sie erleben durfte. Paul, so hatte zumindest Mila das Gefühl, blieb immer ruhig und überlegt und meistens dachte man, er hätte jede der Situationen in die die Kinder kamen mindestens schon einmal erlebt.

Mila dagegen wurde sehr schnell ungeduldig und aufgebracht, wenn etwas nicht gleich gelang. Sie wollte immer alles sofort Recht machen und stellte einen hohen Anspruch an sich selbst.

Paul war immer wieder selbstständig unterwegs, um unterirdische Zauberer zu treffen und von ihnen in die Geheimnisse des Erdzaubers eingeweiht zu werden. Mila liebte die Wurzelkinder und die Erdfeen. Sie war stundenlang mit ihnen am Spielen und lernte dabei unbewusst ganz viel über Pflanzenkinder und deren Bedürfnisse und auch darüber, was sie immer weniger zur Verfügung hatten, da die Menschen ihren Lebensraum beschnitten und veränderten.

Die Zeit verflog. Nichts was die Kinder erlebten war so wie Irgendetwas zuvor. Es machte ungeheuer Freude sich mit einem Regenwurm oder einem Engerling  oder auch mit einem Mäuschen zu unterhalten. Paul hatte das Glück einen Tausendfüssler zu treffen, der ihn auf einen Ausflug mitnahm. Paul sagte voller Begeisterung am Abend dieses Tages:“ Ich werde mir einen Tausendfüssler als Reittier kaufen, das ist so genial, du kannst dir da nicht vorstellen wie schnell so ein Tierchen werden kann und wie wendig es ist, keine Höhle zu eng und nichts zu gefährlich,“ und fast wurde Mila ein wenig neidisch.

Für Mila und Paul ging die Zeit bei den „Unterirdischen“ viel zu schnell vorbei und als sie vom kleinen Herrscher der Erdwesen verabschiedet wurden waren Beide sehr traurig. Mila musste sogar weinen. Zwei lustige Maulwürfe trugen sie zurück ans Tageslicht.

Die Sonne schien und es war warm, als die Kinder dann oben waren und ihre Ponys grasten vergnügt auf einer wunderbar grünen Wiese und schienen auf ihre Freunde gewartet zu haben. Wiehernd liefen sie auf Beide zu und genossen die vielen Streicheleinheiten und Liebkosungen ihrer „Menschen“. 

„Ich habe keine Ahnung wo wir sind,“ Paule blickte sich um und schüttelte ratlos den Kopf. „Ich weiss es auch nicht“, Mila drehte sich nach allen Seiten. Die Maulwürfe konnten sie nicht mehr fragen, die waren schon längst wieder in ihre Welt verschwunden.

 

 

Sonnenkinder 5/6

 

Flugs kletterte Paule schnell wie ein Specht auf einen hohen Baum. Mila wurde ganz Angst und Bange, wie sie sah das ihr Bruder immer höher und höher stieg. Bald schon konnte sie ihn nicht mehr sehen. „ Pass auf, dass du nicht herunter fällst, halt dich fest.“ Als Antwort hörte sie nur ein verwegenes Lachen und knacksende Äste. Nach etwa 10 Minuten sauste Paule schnell wie ein Eichhörnchen von Ast zu Ast springend wieder herunter und landete direkt vor seiner sorgenvoll drein blickenden Schwester.

„ Du vergisst, das auch ich einiges gelernt habe in den letzten Tagen, Schwesterchen. Er grinste von einem Elfenohr zum Anderen und Mila erkannte zum ersten Mal, dass ihr Bruder gewachsen war und reifer wirkte.

Er war wohl wirklich nicht mehr der kleine und unbeholfene Junge, sondern ein erfahrener und mutiger Elf, der jeden Tag mehr lernte und immer selbstständiger wurde. Plötzlich hatte sie das Bedürfnis ihn zu umarmen. Sie tat es und Paule, der sehr verdutzt drein schaute, konnte es sogar zulassen. Er grinste sie an und meinte:“ Alles gut jetzt, „kleine“ Schwester ?“ Dabei schaute er sie liebevoll an und zu ihrer Überraschung gab er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann jedoch drehte er sich blitzschnell um und begann zu erzählen was er von oben gesehen hatte.

„Also, da oben hat man eine wirklich tolle Aussicht. Im Süden habe ich das Meer gesehen. Ich kenne aber die Gegend nicht. Im Osten glaube ich die Wiese und den Wasserfall von Onkel Mat erkannt zu haben, aber weit, weit weg. Im Westen lag Nebel über dem Land und im Norden, ja der Norden - das war sehr sonderbar.

Der Norden leuchtete golden und da war aber keine Sonne, die dem hätte die Erklärung dafür hätte geben können. Ich habe das Gefühl, das dort gerade irgendetwas aussergewöhnliches geschieht.“

„ Dann lass uns nach Norden reiten und sehen was das Land golden malt“, noch kaum ausgesprochen sassen die Kinder schon auf Bolle und Lola und ritten los. 

Unterwegs hatten Beide viel Spass und begegneten immer wieder verschiedenen Wesenheiten, die sie seltsamer Weise alle kannten. Ihnen wurden Speisen und Getränke angeboten, der Weg gewiesen und Geschichten erzählt und immer wieder viel es schwer weiter zu reisen. 

Als die dritte Nacht herein brach begannen sich Zweifel in Paule zu regen. „Ich weiss nicht, ich habe das Gefühl, das irgendetwas faul ist. Ich werde morgen früh nocheinmal auf einen hohen Baum steigen und nach dem goldenen Licht Ausschau halten. Irgendetwas stimmt da nicht, wir müssten schon längst da sein. Vielleicht sind es Irrlichter, die uns getäuscht haben Mila, wir müssen sehr aufmerksam sein. Weisst du mein Lehrer unter der Erde hat mich schon dahingehend sensibilisiert, nicht alles was gut erscheint, ist es auch. Was meinst du? Mila?“ Doch Mila gab keine Antwort mehr, sie war so erschöpft gewesen, das sie während ihr Bruder ihr so aufgeregt erzählte eingeschlafen war. Paule lächelte, er blickte sie an und auch er erkannte, welch eine Wandlung seine Schwester in den letzten Wochen hinter sich hatte. Sie war gewachsen. Ihr Ausdruck beim Schlafen war nicht ganz sorgenfrei. Sie trug wohl doch einiges in sich, was Paule nicht wusste, aber ahnen konnte. Sie war die Ältere und machte sich wohl grosse Sorgen, wie das mit ihnen Beiden weitergehen sollte. Mila sprach nie von zu Hause, aber vielleicht hatte auch sie, so wie er ab und zu ein wenig Sehnsucht nach der Mutter. Er streichelte ihr sanft über ihre lockigen Haare und deckte sie mit einem Moospelzchen zu. Es war gross genug, das auch er darunter Platz fand. Er nahm ihre Hand in die seine und so schliefen sie nebeneinander, warm zugedeckt in den kommenden Tag.

 

 

Sonnenkinder 5 / 7

 

Sie schliefen beide sehr lange. Die letzten Tage hatten wohl doch mehr an ihren Kräften gezerrt als sie gedacht hatten. Als Mina erwachte stand die Sonne hoch und es war schon sehr warm. Erstaunt über das liebevolle Moosdeckchen lächelte sie ihren noch schlafenden Bruder liebevoll an. „Wie bin ich froh das es ihn gibt“, dachte Mila. Paule öffnete die Augen und streckte sich ausgiebig. „Wow, hab ich gut geschlafen.“ Er blinzelte in die Sonne und freute sich über die verstrubbelten Haare seiner Schwester. „Du schaust aus wie ein Wischmopp,“ dabei lachte er und freute sich über den neuen Tag.

Wie aus dem Nichts stand plötzlich ein lustiger kleiner Luftelf vor ihnen. „Guten Morgen, unglaublich wie lange ihr schlafen könnt, ich dachte schon ihr werdet überhaupt nicht mehr wach.“ Während er sprach hüpfte er von einem Beinchen auf das andere. „Kommt schon beeilt Euch ich muss Euch schleunigst wohin bringen.“ „Halt, Halt, Halt, so geht das aber nicht, du stellst dich nicht vor…. und sagst noch nicht mal „Guten Morgen“. Wir kommen doch nicht einfach mit jemandem mit.“

Der kleine Unbekannte bekam rote Ohren und verbeugte sich tief vor den Kindern. „Oh, sorry das tut mir jetzt aber leid, ich bin manchmal einfach viel zu schnell. Mein Name ist Babadu, mich hat mein Herr und Meister zu euch geschickt, ich soll euch zu ihm begleiten, da ihr alleine den Weg nicht finden würdet.

Mila lächelte und nickte hinüber zu ihrem Bruder, der war schon dabei ihre wenigen Dinge zusammen zu packen und sie auf die Ponys zu verteilen. „Also, dann lass uns gehen.“ „Wir werden nicht gehen“, Babadu grinste geheimnisvoll, „wir werden fliegen.“ „Fliegen“, Paulus Augen wurden gross. „Hier ist weder ein Flugzeug, noch ein Drache, wie also sollen wir fliegen?“ „Mit Hilfe der Luft, meine Lieben“. Die Kinder hatten schon soviel Geheimnisvolles erlebt, dass sie sich nicht mehr wunderten. „Und was machen wir mit den Ponys?“ Mila schaute voller Sorge zu den beiden Lieblingen. „Das ist kein Problem, ich habe schon mit ihnen geredet, sie wissen wohin.“ „Na, dann kann es ja losgehen.“ Paule verabschiedete seinen Bolle und schon stand er neben Babadu. Mila tat es ihm gleich und war gespannt was nun geschehen würde.

„Stellt euch neben mich. Nicht erschrecken, gleich geht es los.“ Babadu lächelte geheimnisvoll. Er murmelte ein paar unverständliche Worte in elbisch und plötzlich kam aus dem Nirgendwo ein unglaublicher Windstoss. Es war als würde der Wind sie in seine Arme nehmen und davon tragen. Es war eine sehr schnelle aber tiefbeeindruckende Reise. Sie wirbelten hoch hinauf in den Himmel. Flogen durch Wolkenstrassen und Wolkentunnel. Durch Licht und Schatten. Wirbelten hin und her und auf und ab und so schnell wie die Reise begonnen hatte war sie beendet. Aber wie wunderbar. Das Ende der schnellen Fahrt war auf einer Wolke hoch oben in der wundersamen Bläue des Himmels.

Dort erwartete sie bereits eine  aussergewöhnliche Gestalt, die eigentlich gar keine war. 

Ihre sichtbare Körperlichkeit veränderte sich ständig. Ihre Farbe ging vom weiss ins grau und dann in alle verschiedenen Blautöne. Ein Gesicht gab es nicht, man konnte es nur erahnen. Um die Gestalt herum wirbelten ständig kleine Luftströme, die wie sich stetig bewegende Windräder aussahen.

Die Stimme die die Kinder erreichte war fein und hauchzart. „Willkommen im Reich der Lüfte und Winde, ich habe schon lange auf euch gewartet und freu mich euch begrüssen zu dürfen. Fühlt Euch wie zu Hause, denkt aber daran, das hier Nichts von Bestand ist. Ist es gerade noch hier ist es jeden Moment schon wieder fort.“ Dabei lächelte das Wesen kaum sichtbar. „Es gibt viel zu lernen für euch hier in meinem Reich, ab heute werdet ihr Schüler sein.“ Das Wesen löste sich auf, genauso wie die Sommerwolken am Himmel. 

Die Kinder waren alleine.

 

 

Sonnenkinder 5 / 8

 

Paule war so müde, dass er sich einfach in die Wolke kuschelte und sofort einschlief. Mila lächelte und legte sich neben ihn. Dabei dachte sie an die vergangene Zeit und was ihnen alles widerfahren war. Sie war dankbar für die gelernten Dinge, die wundersamen Begegnungen und Erkenntnisse. Sie konnte kaum glauben, dass sie noch vor nicht allzu langer Zeit ein ganz normales Mädchen war. 

Als Mila am Morgen erwachte war es empfindlich kalt geworden. Die wunderbar weisse Wolke auf der sie eingeschlafen waren, war zerrissen und gefährlich klein und dunkelgrau geworden. Ein heftiger Wind blies und rüttelte die noch verbliebene kleine Wolke hin und her. „Paule, schnell wach auf, unsere Wolke löst sich auf, aufwachen!“ Der verschlafene Paule wusste überhaupt nicht wo er war, als er die Augen öffnete.

„Mach was, du musst uns eine neue Wolke zaubern oder sonst was Schlaues, sonst fallen wir runter…!“ Mila begann in Panik zu geraten, denn die Wolke war gerade noch so gross dass beide Kinder sitzen konnten. Paule war erwacht! Blitzschnell, sehr zur Überraschung seiner Schwester murmelte er einige ihr unverständliche Worte und siehe da, Batschaar flog lächelnd durch den stürmischen Himmel direkt auf sie zu. „Guten Morgen, ihr habt euch aber keinen guten Platz ausgesucht,“ dabei grinste er frech. Die Kinder hüpften auf seinen Hals und waren froh endlich sicher zu sein.

Batschaar flog mit wehendem Fell durch stürmische Himmel. Die Kinder mussten sich mit aller Kraft festhalten, damit sie nicht vom inzwischen mächtigen Sturm aus Batschaars dichtem Fell geweht wurden.

Endlich lichteten sich die Wolken und dein Sonnenstrahl traf auf die durchnässten und frierenden Kinder.

Batschaar flog einen weiten Bogen und landete auf einem weichen und lichten Boden.

„So, hier ist es ein wenig gemütlicher meine ich,“ dabei lachte er laut.

„Eure Grossmutter meint, es wäre an der Zeit, dass ihr euch euer zu Hause mal wieder anschaut. Ihr sollt Euch aber im Hintergrund halten und euch nicht bemerkbar machen. Wenn ihr mich braucht, Paule hat ja gerade gezeigt was er kann“, dabei lächelte er die Kinder liebevoll an und war mit zwei kräftigen Flügelschlägen verschwunden.

„Sieh mal, da sind Bolle und Lola!“ Paule sauste los um sein Pony zu begrüssen. Auch Mila freute sich sehr Lola endlich wiederzusehen. Die Kinder hatten ihre Gestalt gewechselt und sprangen auf die Rücken ihrer treuen Gefährten. Ach, was war es für eine Freude wieder mal durch die Wiesen zu galoppieren und die Wärme der Ponys zu spüren. 

Als sie auf der Anhöhe in der Nähe ihres Elternhauses angekommen waren stoppten sie. Was sie dann zu sehen bekamen stockte ihnen den Atem.

Dort wo ihr Elternhaus gestanden hatte waren Bagger und riesige Baufahrzeuge dabei alles abzureissen.

Den Kindern trieb es die Tränen in die Augen. Diesmal waren sie scheinbar wirklich recht lange weg gewesen. Unterhalb der Farm der Eltern, dort wo der kleine Wald gewesen war, dort hatten sie tatsächlich einen Flugplatz gebaut. Dort landeten ständig kleinere und etwas grössere Flugzeuge, die Baumaterialien brachten und Bauschutt abtransportierten. Die Kinder waren völlig schockiert. Erst jetzt wurde ihnen bewusst, das ihre Eltern hier nicht mehr waren.

 

 

Sonnenkinder 5 / 9

 

Die Erinnerungen an ihre Eltern wurde immer stärker und plötzlich war sie wieder ganz da.

Mila blickte an sich herab und erkannte ihre menschliche Figur wieder.

Auch Paule war wieder ganz Paule, so wie er immer zu Hause war, nur ein wenig grösser.

Plötzlich begann er herzzerreissend zu weinen. Die Erinnerungen an den letzten Abend zu Hause holte ihn mit voller Wucht ein. „Mila, wo sind sie,“ er schluchzte und seine Hände zitterten. Auch Mila spürte einen dicken Kloss im Hals.

„Ich weiss es nicht Paule, ich hab keine Ahnung, auch nicht wie lange wir von zu Hause weg waren, es muss aber lange gewesen sein, denn es ist soviel geschehen hier.“

Mila liefen nun auch einige Tränen herunter.

Plötzlich und unvermittelt rannte Paule los. Hinunter, dorthin wo er einmal zu Hause war. Mila konnte ihn nicht zurück halten. Die Angst schnürte Mila die Kehle zu. Batschaar hatte gesagt, sie sollten sich nicht bemerkbar machen und ihr Bruder rannte mitten hinein in das Baugeschehen, dort waren jede Menge Arbeiter unterwegs, man würde ihn sehen.

Paule erreichte mit hochrotem Gesicht keuchend die ersten Bauarbeiter, die gerade dabei waren den Rest des Pferdestalls einzureissen. „Was machen sie hier, hörn sie auf, sie können nicht einfach alles abreissen!“

„Verschwinde hier Kleiner, du bist im Weg.“ Der Arbeiter schubste ihn auf die Seite und riess noch ein weiteres grosses Teil der Aussenwand ab. „Wo sind meine Eltern, wo habt ihr alle Kaninchen und Schafe hingebracht,  ich will das jetzt wissen!!!“ Paule war ausser sich, als Mila ihn erreichte. Sie schappte seinen Arm und zog den aufgebrachten Jungen mit sich. „Paule, du bringst uns in Gefahr, erinnere dich was Batschaar gesagt hat, hör endlich auf dich wie ein Baby aufzuführen.“ Dabei schüttelte Mila Paule an den schmalen Schultern, um ihn zur Vernunft zu bringen. Aber er reagierte erst, als Mila ihn mit kalkweissem Gesicht hysterisch anschrie:“ Sie kommen, Paule sie kommen“. Sie drehte sich um, sprang auf ihr Pony. Paule tat es ihr gleich. Sie trieben die Ponys an, diese jagten die Anhöhe hinauf. Hinter ihnen hörten sie die Männer schreien:“ Bleibt stehen, wir tun euch doch nichts, wartet, nicht nochmal weglaufen….“ 

Irgendein Arbeiter hatte wohl durch schaut wen er da vor sich hatte. Allerdings hatten sie keine Chance sie zu erwischen, denn kaum waren sie den Hügel hinauf galoppiert, legte sich ein dichter Nebel über die Hochebene und Mila und Paule wurden von ihm „verschluckt“, nun konnte sie niemand mehr sehen und auch nicht mehr hören.

Die Ponys waren nicht zu halten, sie rasten auf der Hochebene immer weiter, als wäre der leibhaftige Teufel hinter ihnen her. Erst eine lange Zeit später blieben sie dampfend und schwitzend stehen. Ihre Flanken zitterten und ihr ganzer Körper war weiss von schäumendem Schweiss.

Die Kinder stiegen ab und blickten sich um, sie kannten die Gegend nicht. Der Nebel hatte sich nur nach vorne gelichtet hinter ihnen war er noch immer dicht und undurchdringlich. „So einen dichten Nebel habe ich noch nie gesehen,“ Paule stand blass neben seinem Pony. „Ich auch nicht, aber es ist auch kein normaler Nebel, das kannst du mir glauben.“ Plötzlich fühlte sich Mila klein, klein wie ein Baby und sie begann zu weinen, sie zitterte am ganzen Körper und sank wie ein kleines Baby in sich zusammen. Als Paule sie so sah, nahm er sie in seine Arme und kuschelte sich an sie, auch er begann zu weinen. So sassen sie und schaukelten sich gegenseitig, gaben sich das Gefühl von Geborgenheit, die sie in der Menschenwelt längst schon verloren hatten. So schliefen beide erschöpft nebeneinander ein und merkten nicht, dass sie sanft hochgehoben und in die Anderswelt getragen wurden.

 

 

Sonnenkinder 6 / 1

 

Es war viel Zeit vergangen.

Mila und Paule waren völlig erschöpft und sehr traurig bei ihren Grosseltern erwacht. Es dauerte sehr lange, obwohl sie in der Anderswelt waren, bis sie sich von dem Gesehenen erholt hatten. Nun wussten sie, dass ihr altes zu Hause tatsächlich nicht mehr existierte und ihre Eltern verschwunden waren. Irgendwo in die Stadt.

Es war schwer für alle Bewohner der Anderswelt zu sehen, wie sehr die Beiden litten. Vor allem Paule hatte lange sehr grosse Mühe, sich vorzustellen, dass er seine Eltern vielleicht nie wieder sehen würde.

Grossmutter und Grossvater, die wichtige und sehr bedeutende Wesenheiten in der Anderswelt waren liessen alle Aufgaben liegen um den Kindern in dieser schweren Zeit beizustehen. 

In dieser Zeit wurden die beiden Geschwister reifer und erkannten, dass es wohl wirklich ihre einzige Aufgabe war, der Erde und somit sich selbst zu helfen. Im Laufe der Zeit verblassten die Erinnerungen und Bilder an vergangene Tage ganz und irgendwann waren sie ganz verschwunden. Erst dann begannen sie sich zu erholen und neu zu leben. Man hatte ihnen sehr lange Zeit gelassen um die Wunden und Schmerzen tief in ihrer Seele ein wenig heilen zu lassen, aber nun war es soweit und Mila und Paule waren nur noch Elfenkinder, die sich auf ihre Aufgaben und ihr neues Leben vorbereiteten. 

Sie hatten gelernt zu vergeben und zu vergessen. Sie erweiterten ihr Wissen jeden Tag, sie waren inzwischen Meister ihres Fachs. So hatte sich Mila zu einer ganz besonderen Seherin und Heilerin entwickelt und Paule nahm es inzwischen mit fast allen Zauberern in der Anderswelt auf. Er reiste mit Batschaar durch alle Täler und Höhen, suchte alle Magier auf und lernte und lernte. Die Geschwister hatten gelernt getrennt voneinander zu sein und sich doch nicht alleine zu fühlen. Manchmal sahen sie sich viele Monde nicht und freuten sich umso mehr, wenn sie sich wiedersehen konnten. 

Inzwischen waren beide keine kleinen unbeholfenen Elfenkinder mehr. Sie waren im Menschenalter gerechnet wohl etwa Teenager und hatten dementsprechend auch ständig Unsinn im Kopf.

Jedoch wussten Beide, dass sehr bald der Tag kommen würde an dem sie für lange Zeit zurück musste in die Welt der Menschen.

Heute sassen sie mit Grossvater und Grossmutter zusammen und wussten es würde für viele Monde das letzte Mal sein. Die Ponys standen bepackt vor der Tür des kleinen Elfenhauses und warteten aufgeregt auf ihre Reiter.

Mila und Paule waren sich ihrer grossen Aufgabe bewusst. Sie waren aufgeregt, aber hatten keine Angst. Es gab viele Möglichkeiten sofort in die Anderswelt zurück zu kehren, falls irgendetwas schief laufen würde und  sie in Gefahr geraten würden.

Ausserdem wussten sie, dass sie niemals ganz alleine sein würden, denn die Anderswelt war immer da und alle die sie liebten waren in ihrer Nähe. Trotz alle dem fiel es den Kindern sehr schwer sich von den Grosseltern zu verabschieden. Lange lagen sie sich in den Armen und spürten ihre Nähe und ihre Liebe zueinander, so als müssten sie ganz viel davon mitnehmen.

 

 

....bald geht es weiter....

...in der Anderswelt...

Es war ein stilles Lachen, das sanft durch die Weite des Abends floss.

Hören konnte man es nur, wenn man die Stille und die Weite in sich aufnahm. Er lag auf dem Rücken, spürte den Puls von Mutter Erde in sich liebevoll, gemeinsam mit seinem Herzen spielen.

Er hatte das Lachen vernommen, konnte aber noch nicht sehen.

Die Freude des Hörens liess ihn lächeln.

Das glasklare Lachen wurde ein wenig lauter, es klang fast wie das Glucksen eines hellen, lustigen Bachs. Vorsichtig wagte er sich aufzusetzen. Sein stilles Glauben an Wesenheiten die ihn umgaben, sollte nun belohnt werden.

Im Augenwinkel schwebte ein kleines helles Licht, so nahm er es war.

Das Lachen war nun direkt an seinem Ohr und ein Kitzeln liess ihn leise auflachen.

Er wagte es nicht sich mehr zu bewegen. Er war gefangen in diesem wundersamen Augenblick ... ein tiefes Glücksgefühl durchströmte seinen Körper und eine wundersame Dankbarkeit durchströmte jede Faser seines Seins....

Konnte das wirklich sein? Das glockenhelle Wispern und dieses glasklare Klingen vereinte sich unvermutet mit unglaublichen Farben die ihn umgaben, es waren Farben, die er so noch nie wahr genommen hatte.

Inzwischen umschmeichelten ihm hunderte von beflügelten Wesen, die ihn kichernd an den Haaren zupften oder an den Ohren zogen.

"Ich träume", er konnte das was er da erlebte nicht glauben.

Inzwischen sass er im Moos und kleine Wesen liessen sich auf seinen ausgestreckten Händen nieder. 

Es war ein unglaubliches Leuchten um ihn.

 

...Welt...

... die Erde erstarrt...

versumpft im Schlamm der Unehrlichkeit

erstickt in der Haltlosigkeit der Unmenschlichkeit

ertrinkt in den Tränen der Heimatlosen

 

... die Erde hält den Atem an...

denn die Zeit ist reif - reif für eine Erneuerung

reif für die Wahrheit

reif für ein Hand in Hand Aktion

reif für Toleranz und LIEBE

 

... die Erde gibt uns eine Chance mehr...

lass uns diese greifen

lass die Erde nicht alleine 

beginne sie zu lieben,

lass uns Mutter Erde heilen

MITEINANDER - ZUEINANDER - FÜREINANDER

H.Wallmeier

Ausschnitt aus "Das andere Leben..."

... es wurde höchste Zeit !

Das Holz vorm Haus war schon fast aufgebraucht und die kläglichen Reste in der Speisekammer trieben einem schon fast Tränen in die Augen.

Frühling, es musste endlich Frühling werden!

Es war ein kalter und sehr langer Winter mit unglaublich viel Schnee gewesen. 

Die kleine Blockhütte in den Wäldern Alaskas hatte manchem Schneesturm die Stirn geboten.

Doch in diesem Jahr brachen Balken und rissen Fensterscheiben.

Es wurde so kalt, das sie sogar die Hühner und die Kuh verloren.

Der Fuchs holte ein Huhn nach dem Andern und obwohl Ben die Tür zum Kuhstall dreifach gesichert hatte kamen eines Nachts die Wölfe.

Noch immer waren die Nächte eiskalt und immer wieder gab es auch einzelne Schneeflockentage, aber man konnte den Frühling schon förmlich riechen.

Ganz vereinzelt hörte man schon mal einen Vogel singen und das Glucksen und Lachen des Wassers unter dem Eis erzählte voller Freude von kommenden freien Tagen.

Mit jedem Tag wurde es ein wenig wärmer und Ben konnte sich wieder einen Weg in die Wälder suchen um endlich auf die Jagd zu gehen.

Sie begann Möbel vor das Haus zu schieben und mit dem einfachen Reisigbesen das Haus auszukehren. Dann schrubbte sie die rohen Holzbalken mit dem Wasser das sie aus dem langsam tauenden Bach geholt hatte. 

Allein der Gedanke an frisches Fleisch zauberte der jungen Frau ein Lächeln auf`s Gesicht.

Ivy begann mit dem Frühlingsputz.

Es hatte sich viel Staub und Dunkel in der kleinen Hütte angesammelt. Sie nahm die Holzverschläge von den Fenstern und öffnete sie. Die hellen, weissen Sonnenstrahlen zauberten verwunschenes Glück in die Räume. Völlig verdutzt öffnete der Kater die Augen als ein Sonnenstrahl seine Nase kitzelte.

Ivy nahm einen tiefen Atemzug nach dem Anderen und der Frühling berührte ihre Seele. Es war als würde sie plötzlich bunt gemalt. Sie breitete die Arme aus und tanzte lachend über den langsam weicher werdenden Boden und sie spürte die wärmende Kraft der Sonne in all ihren Gliedern.

Fröhlich singend machte sie sich daran die wenigen noch nicht entstaubten Ecken zu säubern.

Nach 2 Std. roch die ganze Hütte wie frisch geboren. Es war hell, es schmeckte wunderbar sauber und das Licht, das schon langsam wieder hinter den Bergen verschwand, malte hellgelbe Schatten.

 

Ivy war zufrieden. Der Frühling konnte Einzug halten.

Wo Ben blieb? So lange wollte er gar nicht bleiben.

Schon kroch Sorge in ihr hoch. Obwohl Ben ein erfahrener Einsiedler und Trapper war, war er doch noch sehr jung und der lange Winter hatte auch ihn sehr geschwächt.

Ben war in Alaska aufgewachsen in den Wälder mit Vater, Mutter und 4 Geschwistern. Er kannte dieses Land und liebte es mit all seinen Wundern und Kräften, jedoch wusste er auch wie gefährlich und unberechenbar diese Natur sein konnte.

 

Ivy dagegen war in einer Grossstadt geboren, dort zur Schule gegangen und hatte gemeinsam mit ihrer Schwester eine behütete und nicht besonders aufregende Kindheit.

Bei einem Studentenaustausch und einer damit verbundenen Exkursion in die Wälder Alaskas (Ivy war Biologin), lernte sie Ben kennen, es war Sympathie auf den ersten Blick und so landete sie recht schnell in Bens Nähe und dann in seiner Blockhütte. 

Nun erlebte sie den dritten Frühling und sie war trotz aller Entbehrungen sehr glücklich.

Es begann zu dämmern und Ben war noch nicht zurück. Die Nächte waren noch empfindlich kalt und Ivy wurde unruhig. Immer wieder ging sie vor die Türe und hielt hielt Ausschau nach ihm. Doch weit und breit konnte sie nichts entdecken, was auf seine Ankunft hätte schliessen lassen.....

.....Heidi Wallmeier

 

 


...Lebensmoment...

..........

 

Das unglaubliche Gefühl von tiefer Stille und absoluter Wahrheit erfüllte sie mit jedem Schritt, den sie durch den frisch gefallenen Schnee ging.

Nichts war zu hören, nur das Knirschen des Kalten unter ihren Füssen. 

Ihr Atem verliess sie in kleinen weissen Wolken.

Sie spürte förmlich wie sich ihre Haut im Gesicht immer mehr spannte und sich der gegebenen Kälte anpasste. Sicher hatte sie rote Backen und eine knallrote Nase.

Bei dem Gedanken musste sie lächeln. Sie erinnerte sich an vergangene Tage, an denen ihre Kinder mit Apfelbäckchen, eiskalten Nasen und Händen, überglücklich von einem Rodelnachittag nach Hause gekommen waren.

Alles Vergangenheit.

Die Zeit steht nicht still. Niemals, egal wie gerne man es manchmal hätte.

Die Zeit ist das Rad in dem man läuft wie ein Hamster jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde. 

Doch hatte sie das Gefühl, gerade jetzt, hier in dieser wunderklaren Winterlandschaft, als würde die Zeit still stehen.

Nichts veranlasste sie sich beeilen zu müssen, keine Uhr tickte, keine Wecker schrillte - Alles war Eins.

Sie fühlte sich wie der Schnee selbst unter ihren Füssen. Kalt, klar und unverletzbar.

Einfach sein, einfach liegen in einer kalten Gemeinschaft ohne Kälte zu fühlen und darauf warten wie lange mich das "Kalte" am Leben hält.

"Seltsam - das Schneeflöckchen braucht die Kälte um zu überleben, ich meine immer ich kann ohne Wärme um mich nicht leben. Wärme im Sinn von Geborgenheit, menschlicher Wärme, Liebe...

"Für Dich Schneeflocke ist die Liebe in der Kälte eingepackt."

Sie muss lächeln bei dem Gedanken, wie verschieden es hier auf dieser Welt doch ist.

Das Glitzern der kleinen gefrorenen Wassertropfen in den Bäumen und Sträuchern erscheint ihr wie ein Spiel der Elfen und Feen. 

Sie meint sie lachen zu hören in dieser weiten, grossen Stille.

Millionen von Glitzerperlen an jedem Strauch und Baum, selbst an den kahlen und traurigen Ästen der Bäume. Ein Schmuck der ohne Fragen einfach so geschenkt wurde. Liebevoll in der Kälte geboren.

Irgendwo unter dem Schnee gluckst ein Bächlein, sie kann es hören aber nicht sehen. Sie folgt dem leisen Lachen des Wassers. 

Nun meint sie ganz Nähe zu sein.

Vorsichtig schiebt sie den tiefhängenden Ast einer Tanne zur Seite.

Tatsächlich, da hat sich der Bach noch ein kleines Stück "offenes Leben erhalten" , geschenkt von der liebevollen Wärme der Tanne. 

Kaum einen Meter lang ist der sichtbare, offene kleine Wasserweg.

Er wird in der Nacht kämpfen müssen, wenn er offen bleiben will. 

Diese Nacht wird es noch kälter.

Sie lehnt sich mit dem Rücken an die alte, mächtige Tanne. 

Es ist ihr als würde sie von ihr in ihre Arme genommen. 

Eine ganze Weile geniesst sie diese wunderbare Liebe, dieses Angenommen Sein. Dann verabschiedet sie sich. 

Sie fühlt in sich hinein und spürt eine tiefe pulsierende Wärme in sich aufsteigen. Es ist eiskalt - aber ihr ist als hätte sie einen inneren Ofen. 

Auf dem Weg zurück in das wirkliche Leben merkt sie wie sie zu frösteln beginnt.

Zu Hause angekommen friert sie und sehnt sich zurück.

 

Heidi Wallmeier

 

in der Tiefe der Nacht liegt die Wahrheit des Tages verborgen

in der Mystik des Nebels ist die Klarheit des Seins versteckt

in der Reinheit des fliessenden Wassers ist dein Leben verwoben

im Unsichtbaren der Luft fühlt sich deine Seele zu Hause

im Singen des Windes ... lass sie fliegen

 

H.Wallmeier



WAHRHEIT

 

siehst du sie...

...die zarten Schleier hinter dem Sein ?

...die verlorenen Farben am Ende des Regenbogens ? 

...die lächelnden Augen am Ende des Tunnels ?

 

fühlst du es

...das versteckte Schweigen unter all dem Lärm ?

...das zärtliche Streicheln hinter der schlagenden Hand ?

...das vergessene Mitgefühl begraben im Hass ?

 

findest du

...die verborgenen Geschenke auf deinem Weg ?

...die helfende Hand im Gewirr deiner Gedanken ?

...deine Seele in deinem Leben ?

 

Wenn du genau hinsiehst, dann kannst du sehen

Wenn du hinein fühlst, dann kannst du fühlen

Wenn du wirklich suchst, dann wirst du finden

 

Im SEHEN WIRST DU FINDEN UND FÜHLEN, dass was das 

    WAHRE LEBEN ausmacht.

                                    Heidi Wallmeier

 

 

 

 

 

 

 

Kalt...

 

"Warum fallen die Blätter von den Bäumen?", traurig schaut das Kind den kahlen alten Apfelbaum in Grossvaters Garten an.

"Er sieht ganz nackig aus, so als ob ihm kalt ist."

Ihre Augen wandern den Stamm entlang nach oben.

"Jetzt ist er ganz einsam und alleine.... alle seine Blätterkinder sind gestorben, das ist furchtbar...", langsam und behutsam geht sie einen Schritt näher an den Baum und legt ihre kleine Kinderhand auf die alte rauhe Rinde.

Grossvater steht ein wenig abseits und schweigt.

"Bist du schlimm traurig?" fragt das Kind den Baum...doch der Baum antwortet nicht.

"Ich glaube es...", flüstert das Kind und legt seinen Kopf an den starken Stamm.

"Sicher vermisst du nun das Wispern und Singen der Blätter in deinen Zweigen und kalt ist es Dir ganz bestimmt auch." Das Mädchen löst den Schal, den es um den Hals trägt und bindet ihn um einen nicht allzu dicken Ast am untern Ende des Stammes.

"Jetzt ist es dir schon ein wenig wärmer .. ganz sicher...", und ein liebevolles Lächeln huscht über das Kindergesicht.

Noch immer beobachtet der alte Mann das Kind schweigend.

Es scheint völlig eins zu sein mit dem alten Baum.

"Weisst du was Baum, ich werde dich, solange du so alleine bist immer wieder besuchen und sehen wie es dir geht, was meinst du dazu?" Das kleine rotbackige Kindergesicht blickt hinauf in den Wipfel des Baums. "Jawohl, so machen wir das", ein munteres Lächeln erscheint auf dem Gesicht, " und den Schal, den schenk ich dir, damit du weisst, das ich immer an dich denke."

Noch einmal streichelt die Kinderhand die alte rauhe Rinde. "Bis bald, ich freu mich schon auf dich."

Der Grossvater steht mit einem stillen Lächeln auf dem Gesicht am Haus und er weiss, das auch er es nie kalt haben wird. Gerade in diesem Moment schiebt sich eine kleine Hand in die seine, " Ist dir kalt Grossvati, ich habe noch einen Schal in meinem Schrank, komm wir gehen ihn holen."

Mit ihren wunderbaren grossen und klaren Augen lächelt Malea ihn an und beide wissen, das Kälte ihnen nichts anhaben kann.

 

                                                            Heidi Wallmeier

 

 

 

 

 

...und der Clown lachte

  seine rote Nase erhellte sein Gesicht

...doch in seinen Augen spiegelte sich das Leben

  eben...

...und der Clown lachte

  die Schminke malte Freude

...doch in seinen Augen lag die Welt

  unerhellt...

...und der Clown lachte

  die Blume auf seinem Kopf wippte lustig

...doch da war noch sein Herz

  es trug der Menschheit Schmerz

...und der Clown lachte

  als eine einsame Träne über seine Wange rollte

...da war eine kleine Hand, die

  die seine nahm 

  und das Kind sagte leis: "...ich weiss..."

                                 Heidi Wallmeier

 

 

 

  

..in der Dunkelheit des Lichts...

Mila hielt sich den Bauch vor Lachen. 

Ihr Gesicht hatte schon fast dieselbe Farbe wie ihr wilder roter Lockenkopf.

"Hört auf, hört endlich auf....", sie konnte wirklich nicht mehr, inzwischen liefen ihr "Lachtränen" über die geröteten Wangen.

Aber ihr Bruder Max und sein Freund Luis störte es nicht, dass Mila schon fast am Ersticken war.

Sie alberten weiter ... 

Keine Ahnung wie das angefangen hatte, aber irgendwie hatte Max Witze erzählt und gealbert hatten sie sowieso schon, dann gab Eins das Andere. Als Luis dann seinen Vater imitierte, der der komischste und seltsamste Mensch in Milas bisherigem Leben war (und das dauerte inzwischen fast 14 Jahre), gab es kein Halten mehr.

Das Gelächter hallte durch das riesige Haus und warf das Echo sogar zurück.

Luis lebte allein mit seinem Vater. Ein eingebildeter Fatzke, wie Luis ihn selber nannte, er hatte Geld wie Heu und sah dazu noch genauso aus wie man sich Millionäre vorstellt.

 

 

Er hatte an jedem Finger eine Frau. Das machte er auch unmissverständlich klar, indem er jeden Abend eine Andere mitbrachte und niemals Zeit für seinen Sohn hatte.

Er war ein Ekelpaket, ein arroganter Pinkel und ein misserabler Vater, das war die Aussage von Max, der Luis wann  immer es möglich war in das Riesenhaus begleitete, nur damit sich sein Freund nicht ganz so einsam fühlte.

Langsam verebbte das Lachen. Es war kurz vor 21.00 Uhr und es war klar, dass Mila und Max sich langsam auf den Nachhauseweg machen sollten.

"Bleibt doch hier, mein Vater kommt diese Nacht wahrscheinlich sowieso nicht nach Hause und wir haben hier genug Betten, morgen ist Samstag, keine Schule..", Luis flehte sie regelrecht an mit seinen strohblonden Haaren und seinen grünen undurchdringlichen Augen.

"Das wird unsere Mutter nicht erlauben, du weisst doch sie möchte nicht, das wir hier schlafen", Mila blickte Luis erklärend an. 

"Ich frag trotzdem mal, kann ja nur Nein sagen, wär doch cool, dann könnten wir nachher nochmal ins Pool... im Mondenschein",

das Telefongespräch verlief kurz aber besser als erwartet.

Max grinste übers ganze Gesicht: " Mum hat heute wohl nen Lover im Haus und ist ganz froh, wenn sie sturmfrei hat..". Nachdem ihr Vater vor vielen Jahren die Familie im Stich gelassen hatte und mit einer anderen Frau auf und davon ist, seitdem hatte ihre Mutter nie mehr geheiratet, aber Mila wusste wie sehr sie sich nach einem Mann an ihrer Seite sehnte.

"Na dann, lasst uns die Nacht geniessen", Luis strahlte übers ganze Gesicht. 

Jetzt soll uns Rob erst mal was Ordentliches zu Essen machen, auf was habt ihr Lust?" Mila musste sich erst daran gewöhnen, zu wünschen, bei ihr zu Hause war man froh, wenn überhaupt etwas Essbares im Kühlschrank zu finden war.

Max hatte da wohl weniger Probleme. "Ich hätte gerne ne Pizza, mit vieeeeeel Käse und Schinken." 

"Ja, ne Pizza, das wäre nicht schlecht... mit Pilzen und

Mais vielleicht ?" Mila stotterte ein wenig und war etwas verlegen. 

"Oh ja, dann bestell ich beim Pizzaservice, der soll gleich noch 

1 Kilo Eis dazu packen und nen ordenlichen italienschen Salat, 3 Flaschen Cola ... sonst noch was ? " "Nein... nein", Max und Mila schauten sich an und dachten daran, das sie nur immer an Silvester und vielleicht nochmal an Mums Geburtstag was bestellen konnten.

Die Pizza war schnell aufgegessen, das Cola hob die Stimmung und der Abend nahm seinen Lauf.

Der Mond stand fast ganz rund am Himmel, als sie zum Pool marschierten.

"Schön, so schön", dachte Mila.. diese Ruhe nur die Grillen zirpen, einfach nur wunderbar.

Sie wollten gerade ins Wasser als ein spitzer, gellender Schrei die Stille der mondhellen Nacht zerriss.

Alle drei starrten sich an. "Was war das?" .... Max fand als erstes die Sprache wieder.

"Sag was Luis, was war das?"

Doch Luis stand wie versteinert, leichenblass.

Er flüsterte:" Nein, bitte nicht, nicht schon wieder....".......

 

Fortsetzung folgt .... wenn Ihr das wünscht ...

                        Heidi Wallmeier

 

 

 

 

 

Das Licht wandert über Hügel

weich legt sich der Hauch in lindenem Grün

verzaubert die Welt - Frühling bestellt.

 

Aus dem Braunen erwacht

aus dem Grobem, dem Kalten, dem vergessenem Altem

wird nun Neues, Feines - Zartes und Reines

 

Lausche hinaus, höre fliegende Töne

verzaubert vom Wind, legt sich der Winter nun schlafen

Alles Erstarrte wird munter - die Welt wird bunter

 

Frühling zieht leise ohne Fanfaren ins Land

legt behutsam und weise sein buntgrünes Band

dorthin wo es dunkel und kalt gestern war

nun ist das Sein wieder licht und klar...

                        Heidi Wallmeier

 

 

 

Ida, Ringelsocke.. die Prinzessin auf dem Schrubber... im Urlaub

 

 

...Ida schlug die Augen auf... ein warmer Sonnenstrahl streifte ihre Stupsnase und lächelte ihr entgegen.

Sommer - Mama, Papa, ihr kleiner Bruder Paul und Katze Strolle waren gestern ins Sommerhaus am See gefahren.

Endlich waren sie da!

Das Mädchen mit ihren roten, lockingen Haaren sprang aus dem Bett und sauste an das grosse mit weissen Sprossen durchzogene Fenster.

Auf Zehenspitzen öffnete sie es. Ein warmer, frischer Luftstrom drängte an ihr vorbei in das von der Nacht schwer atmende Zimmer.

Ida blickte direkt auf den See, den Wald und die Wiesen.

"Guten Morgen Prinzessin, ausgeschlafen?" , Papa winkte ihr zu.

Er lief barfuss in kurzen Hosen hinunter zum See.

"Warte auf mich ich komme mit.." Ida hüpfte in ihre Hosen und ihr T-Shirt, flitzte die Treppe hinunter und war so schnell aus der Türe, das Mama in der Küche ihr nicht mal einen schönen Morgen wünschen konnte.

Der neugeborene Tag begrüsste sie in tausend Düften, dem Zwitschern der Vögel und dem Lachen der Sonne.

"Jaaaaaa," Ida drehte sich und tanzte in wilden Sprüngen hinunter zum tiefblauen See.

Papa breitete die Arme aus und drehte sich mit ihr im Kreis, wie die Rotoren  eines Hubschraubers ...."Guten Morgen, du wilde Hummel, du hast dir nicht mal die Haare gekämmt, das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt....pfuuuuuiiiiii Spinne, eine kleine ungewaschene Prinzessin vom Land!"

"Du hast auch noch Strubbelhaare und Bartstoppeln, du schaust aus wie Opa Josef, wenn er sich 2 Tage nicht rasiert hat....pfuuuuuiiiii , Du bist ein Kobold!" Dabei lachte und kicherte Ida, weil Papa sie frech kitzelte.

Der Waldboden war weich und federte unter ihren Tritten.

Überall roch es nach Tannennadeln und See.

Papa und Ida gingen nun Hand in Hand schweigend dem See entlang.

So sehr Ida auch ein lautes und wildes kleines Mädchen sein konnte, so still und verzaubert war sie, wenn sie in der Natur sein konnte.

"Sieh mal Ida, da vorne - dort, auf dem Baum mit den hellgrünen Blättern, da ist ein Eichhörnchen, kannst du es sehen ?"

Ida kniff die Augen zusammen und folgte dem Blick ihres Vaters,

ja, dort saß das kleine braune Ding und knabberte lustig an irgendetwas Gutem.

"Das ist ja niedlich..schau mal wie es da irgendwas in seinen Vorderpfötchen hält....und einfach auf den Hinterbeinen steht und vor sich hin frühstückt, ha.. da ist ja lustig". Ida setzte sich in die Hocke und nahm die Hände vor ihr Näschen ...guck jetzt bin ich ein Eichhörnchen, sie klabberte mit den Zähnen. Das sah so witzig aus, dass Papa lachen musste.

"Uiii, sieh mal," Ida hob etwas vom Waldboden auf, "das ist ja Geld, mindestens 5 Öre."

"Ach was," Papa beugte sich herunter und betrachtete das Fundstück. Er bekam plötzlich ganz grosse runde Augen und drehte das Metall hin und her.

Er rieb mit dem Daumen die Erde herunter und zum Vorschein kam eine glänzende goldene Münze.

" Mensch Ida, ich glaube wir haben einen Schatz gefunden, " Papa hatte ganz rote Ohren bekommen.

Er kniete sich neben Ida auf den Waldboden und beide begannen vorsichtig nach weiteren Münzen zu suchen.

.......

Ausschnitt aus "Ida Ringelsocke, die Prinzessin auf dem Schrubber - Sommertage" Heidi Wallmeier

 

 

 

 

 

die Nacht

erklimmt die Hügel

legt sanft die weichen Decken 

will Fuchs und Eule wecken

 

die Nacht 

zieht säuselnd leise 

durch Täler und dem Wald

und langsam wird es draussen

recht schnell dann ziemlich kalt

 

die Nacht 

erzählt Geschichten

von Wesen die dort draussen - hausen

und manchmal schaun sie leise

auf ihrer stillen Reise

ins Fenster --

liebevolle Nachtgespenster

                                       H.Wallmeier

 

 

 

 

 

 

 

 

Lebensbilder....

 

Ihre Augen wanderten über die weite in weiß gehüllte Landschaft.

Es war kalt und ihr Atem verließ sie in Form kleiner weißer Wolken.

Die Klarheit und Reinheit dieser Natur, dieser Schöpfung drang ihr bis tief in die Seele. Langsam ordnete sie ihre Gedanken.

Sie hatte das Haus sehr aufgewühlt, sehr traurig und fluchtartig verlassen. Einmal mehr hatte sie das Gefühl ihre Welt hätte sich innerhalb von Minuten verdunkelt und nichts könnte die Wolken in ihrer Seele vertreiben um ihre Ängste auszulöschen.

Nur hier, weit über allem was mit Menschen, ihrem Verhalten, ihrem Tun, ihrem Treiben und ihrem Sein zu tun hatte, nur hier...

in der Stille der Berge meinte sie sich wieder ein wenig zu spüren und sich selbst näher zu kommen.

Sanft fuhren ihre eiskalten Hände über ein mit Frost überzogenes, vergessenes Blatt, das einsam an einem Strauch hing, liebevoll streichelte sie die zu Eis erstarrten Wassertropfen an einem Brunnen am Wegesrand.

Welch ein Wunder, welche Kunstwerke, einmalig und niemals mit Pinsel und Farbe nachvollziehbar. Ihr Augen leuchteten und ihre Seele lächelte.

Über dem zugefrorenen See flog ein Adler. Er wurde getragen.

Sie wartete auf einen Flügelschlag. Doch sie wartete vergebens, er glitt auf den Aufwinden ohne sich auch nur einmal selbst anstrengen zu müssen.

Lange konnte sie seinen Kreisen zusehen, bis er hinter einem Waldstück verschwand.

Ungeachtet der Kälte glitt sie nieder in den unberührten Schnee und lehnte sich an den Stamm einer mächtigen Arve.

Das Gefühl mit dem Baum eins zu sein erfüllte sie und eine Träne lief ihr die Wange hinab.

Der wunderbare Baum nahm sie ihn seine starken Arme. Mit geschlossenen Augen lauschte sie der Geschichte, die ihre Äste gemeinsam mit Bruder Wind erzählten.

Langsam breitete sich ein warmer tiefer Frieden in ihr und um sie. 

Es war ihr in der eisigen Kälte nicht mehr kalt und die innere Ruhe kehrte zurück.

Sie erhob sich. Langsam ging sie den Weg zurück in das Leben der Menschen.

Sie wusste, das alles passieren konnte, die Natur würde sie nie alleine lassen.

 copyright /Heidi Wallmeier